Am frühen Morgen des 29. November durchbrach ein Funkspruch die Routine der örtlichen slowenischen Polizei. Ein verdächtiger Koffer war in einem abgelegenen Waldstück nahe Maisberg entdeckt worden. Beamte rückten an, und der Anblick des halb im Erdreich versunkenen Gepäckstücks ließ sofort alarmierende Fragen aufkommen. Der Koffer war unnatürlich schwer, und die hastige Art, wie er vergraben worden war, deutete auf den verzweifelten Versuch hin, ein Geheimnis zu verbergen. Als die Ermittler den Reißverschluss öffneten, bestätigte sich der schlimmste Verdacht: Im Inneren lag die seit Tagen vermisste Influencerin Stefanie P. aus Graz.
Die rasche Identifikation markierte nicht nur das tragische Ende einer Vermisstensuche, sondern den Beginn einer Mordermittlung, deren Abgründe seither Österreich und Slowenien gleichermaßen erschüttern. Die Spur führte zurück zu jener Nacht nach einer Weihnachtsfeier, als Stefanie zuletzt lebend gesehen wurde. Überwachungskameras, Bewegungsdaten und die Route eines Autos, das die Grenze passierte, ergaben ein erstes, jedoch noch lückenhaftes Bild. Was geschah in den entscheidenden Stunden zwischen Graz und Maisberg? Und vor allem: Wurde der Täter bei der Beseitigung des Körpers und der Vernichtung der Spuren unterstützt? Diese Frage sollte den Fall in eine neue, düstere Dimension führen.

Die Fassade zerbricht: Konflikte hinter den Social-Media-Kulissen
Bevor der grauenhafte Fund in Slowenien die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zog, begann alles in Graz, wo Stefanie P. ihren Alltag, ihre Arbeit und ihre digitale Präsenz aufgebaut hatte. Die 32-Jährige lebte ein scheinbar unbeschwertes Leben zwischen Social-Media-Projekten, Modekooperationen und kurzen Alltagsvideos, die sie einer stetig wachsenden Community präsentierte. Doch hinter den Kulissen war ihr Leben in den Wochen vor ihrem Verschwinden weit weniger stabil, als es nach außen schien.
Freunde berichteten von zunehmenden Spannungen mit ihrem Ex-Freund Patrick M., mit dem sie eine fragile On-Off-Beziehung geführt hatte. In Chatverläufen, die später Teil der Ermittlungen wurden, tauchten Hinweise auf Streitigkeiten, Eifersucht und frustrierte Vorwürfe auf, die das Verhältnis der beiden belasteten. Stefanie hatte mit dem Gedanken gespielt, endgültig Abstand zu gewinnen. Patrick hingegen versuchte immer wieder, die Beziehung zu retten oder zumindest die Kontrolle über die Situation zu behalten. Nachrichten von Patrick, er wolle “reden”, standen Stefanies Wunsch nach “Ruhe” entgegen.
Der Abend der Weihnachtsfeier am 23. November markierte den Wendepunkt. Gäste beobachteten Patrick und Stefanie im Gespräch. Stefanie wirkte angespannt, versuchte, sich zu lösen, während Patrick offensichtlich bemüht schien, eine Aussprache zu erzwingen. Gegen Mitternacht verließ Stefanie die Veranstaltung und sendete ihre letzte WhatsApp-Nachricht: “Bin gut angekommen.”
Die tödliche Logik der Spuren: WLAN-Login als Hauptbeweis
Als die Familie am nächsten Morgen Stefanie als vermisst meldete, begann die Polizei zunächst routinemäßig. Doch schon nach zwei Tagen ergaben die ersten Spuren Unstimmigkeiten: Stefanies Handy hatte sich in Richtung der slowenischen Grenze bewegt – eine Route, die sie normalerweise nie nahm. Gleichzeitig tauchten Hinweise auf, dass Patrick M. in derselben Nacht sein Auto benutzt hatte.
Die Ermittler konzentrierten sich auf die Rekonstruktion der letzten bestätigten Bewegungen und stießen auf die ersten kritischen Indizien, die Patrick M. in den Fokus rückten:
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Die ungewöhnliche Vermisstenmeldung: Nicht die engsten Angehörigen, sondern ein Arbeitskollege meldete Stefanie als vermisst. Dieser Umstand lenkte die Aufmerksamkeit der Ermittler frühzeitig auf das persönliche Umfeld und Patrick M.
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Die Diskrepanz vor Ort: Als Beamte Stefanies Wohnung aufsuchten, trafen sie Patrick dort an. Er gab an, lediglich nach dem Hund sehen zu wollen – eine Erklärung, die im Ermittlungsumfeld, da er keine offizielle Meldung erstattet hatte, als deutliches Warnsignal gewertet wurde.
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Die Zeugenaussage: Eine Nachbarin berichtete, Patrick am Sonntagmorgen mit einer großen, schweren Stoffrolle über der Schulter das Gebäude verlassen gesehen zu haben. Diese Aussage wurde zu einem ersten physischen Hinweis auf die mögliche Entfernung eines Gegenstands – oder einer Person – aus der Wohnung.
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Der technische Beweis: Der Router aus Stefanies Wohnung lieferte nüchterne Daten. Patrick M.s Smartphone war am Sonntagmorgen gegen 8 Uhr im Netzwerk eingeloggt. Dieser WLAN-Zeitstempel belegte seine Anwesenheit in einem kritischen Zeitfenster zweifelsfrei, einem Zeitpunkt, zu dem andere Zeugen einen lauten Streit gehört hatten.
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Die falsche Fährte: Stefanies Handy wurde später in einem Gebüsch zwei Bezirke entfernt gefunden. Die Ermittler ordneten diesen Fund als bewussten Manipulationsversuch ein, der die Ermittlungen in eine falsche Richtung lenken sollte.
Diese Kombination aus technischem Nachweis, widersprüchlichem Verhalten und Zeugenaussagen bildete die Grundlage für die Einleitung eines Mordverfahrens.
Die Eskalation der Vertuschung: Das Feuer an der Grenze
Unter dem wachsenden Druck der Beweise eskalierte Patrick M.s Verhalten. Der nächste entscheidende Schritt erfolgte, als die Polizei seinen roten VW Golf auffand. Das Fahrzeug wurde im Grenzgebiet zwischen Österreich und Slowenien entdeckt – vollständig ausgebrannt .
Dass Patrick M. diesen Wagen in Brand gesetzt hatte, werteten die Ermittler als gezielten Versuch, ein komplettes Depot möglicher Beweise zu vernichten. Ein Fahrzeug gilt in der forensischen Analyse als potenzieller Speicher für eine Vielzahl von Spuren wie Haare, Fasern, biologische Rückstände oder Transportspuren. Das Verbrennen des Autos in einem fremden Grenzgebiet galt für die Kriminalbeamten als erdrückendes Indiz und als ein indirektes Geständnis. Eine unschuldige Person würde kaum ein Fahrzeug unter solchen Umständen anzünden und verschwinden.
Kurz nach dem Auffinden des ausgebrannten Golfs stand fest: Patrick M. war auf der Flucht. Die internationale Fahndung wurde eingeleitet, und wenig später wurde er in seiner Heimat Slowenien festgenommen.
Die Eskalationskette endete hier jedoch nicht. Kaum war Patrick in Gewahrsam, gerieten weitere Personen aus seinem Umfeld ins Visier der Behörden: Sein Bruder und sein Stiefvater wurden in Graz festgenommen, da der Verdacht bestand, sie hätten ihn bei der Tat oder bei der anschließenden Vertuschung unterstützt. Der Fall erhielt dadurch eine tragische Ausweitung, bei der nicht nur das Opfer, sondern auch die Familie des Täters in einen Strudel aus Verdacht und Verstrickung geriet.
Das Geständnis: Der Koffer und die Kaltblütigkeit
Nach seiner Auslieferung an Österreich wurde Patrick M. zur Vernehmung gebracht. Zunächst schwieg er, doch die Ermittler verfügten zu diesem Zeitpunkt über eine nahezu geschlossene Beweiskette: die Zeugenaussage über die Stoffrolle, der WLAN-Zeitstempel, das entsorgte Handy, das verbrannte Auto und erste Spuren an seinen Schuhen und in seiner Wohnung.
Unter dem wachsenden Druck der objektiven Beweislast brach Patrick M. schließlich zusammen und gestand die Tat.
Er beschrieb, wie es nach Stefanies Ankunft in der Wohnung zu einem Streit kam, der eskalierte. Er erwürgte Stefanie bis zur Bewusstlosigkeit. Danach packte er ihren Körper in einen großen Koffer, transportierte diesen zum Auto und überquerte die Grenze nach Slowenien. Dort suchte er ein abgelegenes Waldstück, schaufelte ein Grab und vergrub den Koffer samt Leichnam.
Diese Beschreibung warf eine zentrale psychologische Frage auf: Der Akt des Würgens könnte theoretisch noch als Eskalation in einer affektgeladenen Situation gesehen werden. Doch alles, was danach geschah – das Verstauen des Körpers, die nächtliche Fahrt über die Grenze, die bewusste Suche nach einem versteckten Ort, das Graben eines Grabes – zeigte ein Maß an Planung, Kaltblütigkeit und situativer Kontrolle, das jede Interpretation als Unfall oder Kurzschlusshandlung vollständig ausschloss. Für die Ermittler stand fest: Es handelte sich um die methodische Beseitigung eines Opfers.
Auf Grundlage des Geständnisses wurde der Koffer im Wald bei Maisberg entdeckt. Forensische Spuren an den Schuhen von Patrick M., in seiner Wohnung und im Koffer selbst untermauerten die Angaben und bestätigten die Rekonstruktion des Tatgeschehens.

Der Unbekannte Dritte: Die Suche nach dem Mittäter-Netzwerk
Die Ermittlungen hätten hier enden können – Täter gefunden, Motiv bekannt, Leiche geborgen. Doch der Fall nahm eine unerwartete Wendung, die die Ermittler zwang, ihre Annahmen zu überdenken. Patrick M. hatte offenbar mehr verschwiegen, als bisher angenommen.
Die neuen Indizien:
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Das Zweitgerät und die Schock-Nachricht: Ein beschädigtes Smartphone, das Patrick M. in keiner seiner Aussagen erwähnt hatte, wurde in einem Wassergraben entdeckt. Die forensische Auswertung zeigte gelöschte Nachrichten an eine unbekannte Nummer, darunter der Satz: “Es ist passiert.”
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Der zweite Wagen: Videoaufnahmen einer Privatkamera nahe der Grenze zeigten einen zweiten Wagen, der in engem Abstand hinter Patrick M.s Auto fuhr, als dieser auf dem Weg nach Slowenien war.
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Das anonyme Handy: Kurz nach dem mutmaßlichen Todeszeitpunkt wurde das Signal eines anonym registrierten Geräts für etwa acht Minuten in unmittelbarer Nähe von Stefanies Wohnhaus geortet.
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Die Tierhaare: Die Decke, in die Stefanies Körper eingewickelt war, enthielt Tierhaare, die nicht aus Patrick M.s Wohnung stammten. Sie gehörten zu einem Hund, der in einem anderen Haushalt lebte – einem Bekannten von Patrick M., der ebenfalls auffällige Verhaltensweisen (wie die plötzliche Reinigung seines Wagens) gezeigt hatte.
Diese Funde ließen die Staatsanwaltschaft erstmals von einem möglichen Mitwissenden oder sogar einem Mitbeteiligten ausgehen. Die Ermittler prüfen nun akribisch, ob der unbekannte Dritte beim Transport des Koffers, bei der Flucht oder bei der Brandstiftung des Autos geholfen hat. Die Verhaftung von Patrick M.s Bruder und Stiefvater deutete bereits auf ein mögliches familiäres Netzwerk der Vertuschung hin.
Der Fall Stefanie P. ist somit nicht nur ein Verbrechen aus Eifersucht und Kontrollverlust, sondern ein komplexes Geflecht, das die Grenzen von Österreich und Slowenien überschritt und an dem möglicherweise mehr als nur eine Person beteiligt war. Die endgültige Antwort auf die Frage der Mittäterschaft steht noch aus und wird das Strafmaß im Gerichtsprozess maßgeblich beeinflussen. Die Aufarbeitung dieses Falls, der mit einer scheinbar harmlosen WhatsApp-Nachricht begann und in einem der schwersten Gewaltverbrechen der letzten Jahre endete, ist noch lange nicht abgeschlossen.
Fazit und die Lehren der modernen Kriminalistik
Der Fall zeigt exemplarisch, wie eng moderne Kriminalistik heute verzahnt ist: Die klassische Beobachtung einer Nachbarin, die digitale Spur aus einem WLAN-Router und die Analyse des Täterverhaltens ergeben ein konsistentes und unumstößliches Bild. Gleichzeitig beleuchtet der Fall die dunkle Seite gescheiterter Beziehungen, in denen Konflikte aus dem privaten Bereich rapide in Bereiche tödlicher Gewalt eskalieren können.
Die Tragödie um Stefanie P. und die Kaltblütigkeit, mit der Patrick M. ihren Körper im Ausland beseitigte, sind ein mahnendes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, Warnsignale in Beziehungen ernst zu nehmen, selbst wenn sie nach außen kaum sichtbar sind. Während die Justiz nun die endgültige Verantwortung festlegen wird, bleibt die Gewissheit, dass das Gesamtgewicht der Indizien, von der letzten Nachricht bis zum vergrabenen Koffer, Gerechtigkeit für Stefanie P. und ihre Angehörigen herstellen muss.