Mit 28 Jahren bricht Alexander Zverev sein Schweigen und gibt die Wahrheit über Liebe und Ehe zu
In einer Sportwelt, die von Ergebnissen, Rekorden und knallharten Analysen lebt, klingt ein Satz wie ein leiser Paukenschlag: „Ich habe Angst zu scheitern – aber ich habe gelernt, ehrlich damit zu sein.“ Alexander „Sascha“ Zverev, 28, spricht selten so offen. Doch jetzt tut er es – über Druck, Verletzlichkeit, Liebe, Ehe und darüber, warum Timing im Leben manchmal wichtiger ist als Tempo.
Zwischen Weltruhm und leisen Zweifeln
Geboren am 20. April 1997 in Hamburg, aufgewachsen zwischen Ballwurfmaschinen und Grundlinienduellen, ist Zverev längst mehr als das Versprechen seiner frühen Jahre. ATP-Finals-Sieger, Olympiasieger von Tokio, Masters-Champion – Stationen einer Karriere, die in die Vitrine der deutschen Tennisgeschichte gehört. Aber hinter den Pokalen lag immer auch ein Ringen mit sich selbst. „Ich versuche, die tiefsten Dinge bei mir zu behalten“, sagt er – und fügt dann jenen Satz an, der so selten aus dem Mund eines Spitzensportlers kommt: Angst vor dem Fallen, vor dem Tag, an dem die Kraft fehlt, wieder aufzustehen.
Diese Ehrlichkeit bekommt Kontur, wenn er von jenen Momenten spricht, die mehr sind als Niederlagen: Sie sind Brüche. Der folgenschwere Sturz bei den French Open 2022, als ein Umknicken den Halbfinal-Klassiker gegen Rafael Nadal jäh beendete, war so ein Bruch. Monatelang Reha, Fragen, die zermürben: Komme ich zurück? Werde ich wieder derselbe sein? Familie und Team berichten von Nächten, in denen selbst der sonst so kontrollierte Athlet schwieg – weil Worte zu wenig und zu viel zugleich gewesen wären.
Der öffentliche Fehltritt – und die Lektion
Auch Zverevs Ausraster in Acapulco, der ihm 2022 eine Disqualifikation einbrachte, gehört zu diesem Mosaik. „Der Moment, den ich am meisten bereue“, nennt er ihn heute. Ein Kontrollverlust, der nicht nur Kritik entfachte, sondern Zverev zwang, neu auf sich zu schauen: Gefühlskontrolle, Impulssteuerung, Vorbildrolle – Vokabeln, die im Hochleistungssport oft abstrakt bleiben, bis sie konkrete Konsequenzen haben. Er entschuldigte sich, lernte, justierte. Fehler als Brennglas, nicht als Etikett.
Leben mit Diabetes – Höchstleistung mit System
Zu Zverevs Wahrheit gehört auch eine Diagnose, die er seit Kindertagen trägt: Typ-1-Diabetes. Regelmäßige Messungen, Insulin – manchmal sogar während Matches. „So lebe ich, und ich habe gelernt, es zu akzeptieren“, sagt er. Die Offenheit darüber ist Teil einer größeren Mission: Mit seiner Stiftung unterstützt er Kinder und Jugendliche mit Diabetes, finanziert Geräte, Aufklärung, Perspektiven. „Groß träumen – trotz Krankheit“, lautet die Botschaft. Vom Court in die Gesellschaft: Leistung als Verantwortung.
Liebe unter Flutlicht – und warum die Ehe warten darf
Und die Liebe? Zverevs Privatleben war nie ein Nebenkriegsschauplatz. Seine frühere Beziehung mit Model Brenda Patea, die gemeinsame Tochter, Streit, Versöhnungsversuche, mediale Begleitmusik – es blieb selten still. Heute ist da eine andere Tonlage: Seit 2020 an der Seite von Sophia Thomalla, Moderatorin und Schauspielerin, wirkt vieles ruhiger, erdiger, klarer. „Sie versteht, was ein ernsthafter Job bedeutet“, sagt Zverev. Keine Dauerpräsenz am Spielfeldrand, aber Verlässlichkeit, die nicht inszeniert werden muss.
Über Ehe spricht er so nüchtern wie über Taktik: „Ich bin noch nicht bereit. Nicht, weil ich nicht will – sondern weil es stimmen soll.“ Thomalla formuliert es ähnlich: Zwei intensive Lebensmodelle, die ihren Rhythmus gefunden haben. Manchmal ist das Europas größte Tennisbühne, manchmal ein Spaziergang ohne Kameras. Und manchmal bedeutet Liebe, sich nicht von außen zur nächsten Überschrift treiben zu lassen. Heiraten? Vielleicht. Aber dann als Entscheidung, nicht als Pressemitteilung.
Zwischen Tochter, Tour und Terminen
Vatersein im Profikalender ist eine Herausforderung. Zverev bestreitet das nicht. Vielmehr beschreibt er Routinen, die kein Turnierzettel zeigt: Videoanrufe zwischen Training und Physio, Tage in Hamburg, die länger geplant werden als ein Returnspielzug. „Ich bin nicht perfekt, aber ich gebe mein Bestes“, sagt er – ein Satz, der in seiner Schlichtheit wohl gerade deshalb hängen bleibt. Denn er fragt nicht nach Applaus, sondern nach Verständnis für Balanceakte, die selten chic aussehen, aber viel abverlangen.
Körper, Kopf, Karriere – die Anpassung
Mit 28 ist Zverev zu jung für Nostalgie und alt genug, um von Anpassung zu sprechen. Der Körper ist nicht mehr derselbe wie mit 20; die Konkurrenz jünger, schneller, ungestümer. Also passt er die Arbeit an: präzisere Belastungssteuerung, mehr Prävention, Trainingsprogramme, die Stabilität über Show stellen. „Doppelt so hart arbeiten“ ist im Tennis keine Metapher, sondern Stundenplan. Hinter jedem krachenden Aufschlag stehen heute mehr Checks als früher – auf dem Platz, im Gym, im Kopf.
Geld, Marken, Verantwortung
Dass ein Weltstar Sponsoren hat, Immobilien besitzt, in Unternehmen investiert – geschenkt. Zverev spricht ungern in Zahlen, lieber über Sinn. Wenn er sich engagiert, dann dort, wo es resoniert: Sport, Gesundheit, Nachwuchs. Sein öffentlicher Wert misst sich für ihn nicht nur in Preisgeldern, sondern in Projekten, die bleiben, wenn der letzte Matchball gespielt ist. Auch das ist Teil seiner Wahrheit über Erwachsensein: Einfluss nicht nur als Privileg, sondern als Pflicht zu begreifen.
Karriereziele – das Unvollendete als Treibstoff
Der Grand-Slam-Titel, der noch fehlt, ist in Interviews allgegenwärtig – und gleichzeitig kein Mantra mehr. Eher ein Nordstern: schön, sichtbar, nicht immer erreichbar. Zverev weiß, wie nah er war, wie schmerzhaft knapp Niederlagen sein können. Aber er weiß auch, was sie mit ihm gemacht haben: schärfer, geduldiger, belastbarer. „Jede Niederlage macht ihn stärker“, sagt sein Bruder Mischa. Es ist die Art Satz, die sich abnutzen kann – es sei denn, jemand beweist sie immer wieder.
Das Geständnis: Was Liebe und Ehe für ihn bedeuten
Und dann ist da der Kern dieses neuen, ungewohnt offenen Auftritts: Was bedeuten Liebe und Ehe für einen, der ständig in Bewegung ist? „Liebe ist für mich Ruhe, wenn außen Sturm ist“, sagt Zverev. Kein großer Satz – und doch groß, weil er etwas beschreibt, das man auf Scoreboards nicht sieht. Ehe? „Ein Versprechen, das größer ist als wir zwei. Dafür möchte ich bereit sein.“ Bis dahin gilt: ehrlich sein, wenn es schwer fällt; schweigen, wenn Worte nur Show wären; zeigen, was zählt – rechtzeitig, nicht ständig.
Schlussbild: Ein Athlet, der nicht nur Ergebnisse liefert
Am Ende bleibt das Bild eines Sportlers, der gelernt hat, dass Stärke nicht das Gegenteil von Verletzlichkeit ist, sondern deren Konsequenz. Zverevs Wahrheit mit 28 ist kein Skandal und keine Pointe – sie ist ein Bekenntnis: zu Disziplin und Zweifel, zu Liebe ohne Drehbuch, zu einer Ehe, die kommen darf, wenn sie kommen soll. Es ist die Sorte Ehrlichkeit, die im Hochleistungssport selten ist – und die ihn genau deshalb ein Stück nahbarer macht.
Denn vielleicht ist das die wichtigste Nachricht dieses Moments: Man kann Weltklasse sein und trotzdem zugeben, dass man stolpert. Man kann geliebt werden und dennoch sagen, dass man noch nicht bereit für das größte Versprechen ist. Und man kann schweigen, bis das Richtige zu sagen ist. Alexander Zverev hat es jetzt getan. Und genau deshalb hören so viele hin.