Ludwig Hofmaier ist fast 84 Jahre alt – und gesteht: „Mein Leben ist traurig geworden“

Ein grauer Morgen in Regensburg. Der Fluss Regen zieht still seine Bahnen, Nebel hängt schwer über den alten Dächern der Stadt. Auf einer Bank am Ufer sitzt ein Mann, den Millionen Menschen aus dem Fernsehen kennen – Ludwig „Lucki“ Hofmaier, der einstige Turner, Antiquitätenhändler und Publikumsliebling aus Bares für Rares. Seine Hände, einst stark genug, um Europa auf den Händen zu durchqueren, zittern leicht, als er sie auf den Schoß legt.
„Mein Leben ist traurig geworden“, sagt er leise. Kein Pathos, keine Bitterkeit – nur Wahrheit.
Vom Bauernsohn zum Handstand-Weltrekordhalter

Geboren am 8. Dezember 1941 in Saal an der Donau, wuchs Ludwig Hofmaier in bescheidenen Verhältnissen auf. Sein Vater war Maurer, seine Mutter Näherin – Menschen, die wussten, was Arbeit bedeutet. Schon als Kind war Ludwig anders. Während andere Kinder im Fluss badeten, stellte er sich auf die Hände, balancierte auf Zäunen und übte Kunststücke, die sein Lehrer später als „Wunder der Disziplin“ bezeichnete.
Diese Körperbeherrschung wurde sein Markenzeichen. Mit Anfang zwanzig war er einer der besten Turner Deutschlands, bekannt für seine fast übermenschliche Ausdauer. Seine legendäre Handstandreise – über 1000 Kilometer auf Händen von Regensburg bis Rom – machte ihn in den 1960er-Jahren berühmt. Zeitungen nannten ihn „Handstand-Lucki“, ein Symbol für Durchhaltevermögen und die Kraft des Willens.
Doch Ruhm, das lernte Hofmaier früh, ist flüchtig. „Der Applaus war laut, aber kurz“, sagte er einmal in einem Interview.
Ein Mann zwischen Bühne und Einsamkeit
Nach seiner sportlichen Karriere wechselte Hofmaier in die Unterhaltungswelt. Er trat in Shows auf, drehte kleine Filme, tourte mit Akrobaten durch Europa. „Ich war ein Mann, der auf Händen ging, aber im Herzen oft auf der Suche war“, beschreibt er heute diese Zeit.
In den 1970ern fand er eine neue Leidenschaft – Antiquitäten. Er eröffnete ein kleines Geschäft in Regensburg und baute sich einen Ruf als Kenner alter Schätze auf. Bald kannte ihn die Szene: der Mann mit dem messerscharfen Blick für Wert und Geschichte.
Doch während seine Sammlung wuchs, schwand sein privates Glück. Seine Ehe scheiterte, die Kinder sahen ihren Vater selten. „Ich war immer unterwegs, immer getrieben – und dachte, Erfolg ersetzt Nähe“, erinnert er sich.
Der späte Ruhm mit Bares für Rares

2013 klopfte das Fernsehen erneut an seine Tür. Das ZDF suchte Experten für eine neue Show rund um Antiquitäten – Bares für Rares. Hofmaier sagte zu, skeptisch, aber neugierig. Was dann geschah, überraschte selbst ihn:
Er wurde zum Publikumsliebling. Seine trockenen Sprüche, sein präziser Blick und die warme, unaufgeregte Art machten ihn zu einer Kultfigur. Zuschauer liebten seinen Satz:
„Nicht alles, was glänzt, ist Gold – manchmal ist’s nur gut poliert.“
Sieben Jahre lang war Ludwig Hofmaier fester Bestandteil der Sendung, bis er 2020 plötzlich ausstieg. Offiziell aus gesundheitlichen Gründen – in Wahrheit, so verrät er heute, „weil ich gemerkt habe, dass mich das Rampenlicht müde macht.“
Der Ruhm verblasst – und die Stille bleibt
Nach seinem Abschied von der Show zog sich Hofmaier zurück. Sein Laden in Regensburg wurde still, die Besucher blieben aus, die Telefone verstummten. Dann kam die Pandemie – Isolation, Einsamkeit, Zeit zum Nachdenken.
„Ich habe gemerkt, dass die Welt weitergeht – auch ohne mich“, sagt er mit einem traurigen Lächeln.
Freunde berichten, dass er oft am Fluss spaziert, still, mit einem Stock in der Hand. In Gesprächen wird er nachdenklich. „Ich habe alles versucht – als Sportler, als Händler, als Fernsehmensch. Aber irgendwann merkt man: Der größte Erfolg ist, Frieden zu finden.“
Ein Blick zurück – auf ein außergewöhnliches Leben
Sein Haus gleicht heute einem Museum seines Lebens. Fotos aus allen Epochen hängen an den Wänden:
- Ludwig als junger Turner im Trikot, das Publikum tobt.
- Ludwig mit Papst Paul VI., nach seiner Handstandreise nach Rom.
- Ludwig zwischen den Bares für Rares-Kollegen, lächelnd, ein Glas Sekt in der Hand.
Zwischen den Bildern stehen Vasen, alte Münzen, verrostete Uhren – Dinge, die Geschichten erzählen. „Jedes Stück hier erinnert mich an jemanden, den ich verloren habe“, sagt er leise.
In seiner Wohnung riecht es nach Holzpolitur und altem Papier. Wenn die Sonne durch das Fenster fällt, glitzert Staub wie goldener Schnee. „Das ist mein Publikum jetzt“, sagt er und lacht kurz – ein Lachen, das melancholisch klingt.
Die traurige Wahrheit hinter dem Erfolg
Was also macht ihn heute traurig? Ist es das Alter? Der Verlust von Ruhm? Die Einsamkeit?
„Es ist das Gefühl, dass alles, was man erreicht, nur geliehen ist“, antwortet er nach einer langen Pause. „Ich habe mit meinen Händen die Welt erobert. Jetzt zittern sie – und ich kann nicht einmal mehr eine Tasse halten, ohne dass der Kaffee überläuft.“
Er habe oft an seinen Vater gedacht, den einfachen Maurer aus Saal, der ihn nie hat klagen hören. „Er hätte gesagt: ‘Bua, sei stolz auf das, was du geschafft hast.’ Aber Stolz ist nichts, wenn man ihn nicht teilen kann.“
Ein Vermächtnis aus Mut und Melancholie
Trotz allem bleibt Hofmaier ein Mann mit Haltung. Er gibt Interviews nur selten, schreibt jedoch Briefe an junge Sportler und Händler. Darin steht oft derselbe Satz:
„Wert ist nicht, was glänzt – Wert ist, was bleibt, wenn der Applaus verstummt.“
Vielleicht ist das seine letzte Lektion. Ein Leben, das vom Triumph geprägt war, endet nicht in Bitterkeit, sondern in Klarheit.
Heute, fast 84 Jahre alt, lebt Ludwig Hofmaier allein – aber nicht vergessen. Fans schreiben ihm noch immer. Einer sendete ein Foto von einer alten Uhr, die Hofmaier vor 30 Jahren verkauft hatte, mit der Notiz: „Sie läuft noch – genau wie du damals.“
Wenn er das liest, lächelt er. „Vielleicht ist das das Schönste, was man am Ende sagen kann“, murmelt er.
„Etwas von dir läuft weiter.“
Fazit:
Ludwig Hofmaier – ein Mann, der auf Händen durch Europa ging, der Millionen zum Lächeln brachte und heute in der Stille seines Lebens Bilanz zieht. Seine Geschichte erinnert uns daran, dass Größe und Traurigkeit oft Hand in Hand gehen – und dass wahre Stärke nicht im Applaus liegt, sondern im Mut, ehrlich zu sich selbst zu sein.