Niemand kam zur Beerdigung des Soldaten. Seine 6-jährige Tochter stand mutterseelenallein am Sarg. Dann hörte sie das Geräusch von Marschstiefeln – und 50 Kameraden ihres Vaters salutierten IHR.

Eine Woche später, in Hamburg, öffnete Frau Schneider die Tür und sah zwei Militärbeamte in Uniform. Trauer lag wie ein Schleier über ihren Gesichtern. „Frau Schneider? Ist Sophie, die Tochter von Feldwebel Thomas Müller, hier?“ Frau Schneiders Herz blieb stehen. „Ja. Was ist passiert?“ Der Offizier atmete tief ein. „Feldwebel Müller ist im Dienst gefallen.“ Frau Schneider hielt sich die Hände vor den Mund. „Oh Gott. Oh nein.“

Sophie spielte im Wohnzimmer. Sie sah die Beamten nicht. „Wie soll ich es ihr sagen?“, flüsterte Frau Schneider unter Tränen. „Wie soll ich ihr sagen, dass ihr Vater nicht zurückkommt?“ Der Beamte antwortete sanft: „Das überlassen wir Ihnen. Aber die Beerdigung ist in fünf Tagen. Auf dem Waldfriedhof.“

An diesem Abend setzte sich Frau Schneider neben Sophie und nahm ihre kleinen Hände. Sophie verstand zunächst nicht. „Ist Papa im Urlaub?“ „Nein, Schatz. Dein Papa… dein Papa ist in den Himmel gegangen. Zu deiner Mama.“ Sophies Augen füllten sich mit Tränen. „Das heißt… ich werde ihn nie wiedersehen?“ Frau Schneider weinte. „Es tut mir leid, Schatz. Es tut mir so leid.“

Sophie schlief in dieser Nacht nicht. Sie saß im Bett, hielt die alte Militärmütze ihres Vaters fest und weinte leise in das Kissen.

Fünf Tage später, an einem kalten Septembermorgen, war der Waldfriedhof still und leer. Sophie trug ein schwarzes Kleid. Frau Schneider hielt ihre Hand. Der Pfarrer war da. Der Sarg, bedeckt mit einer einfachen Decke, stand bereit. Aber niemand sonst war gekommen.

Annas Familie war nicht gekommen. „Zu weit weg“, hatten sie gesagt. Thomas’ alte Freunde waren nicht gekommen. „Wir haben Dienst“, hatten sie gesagt. Nur Sophie, Frau Schneider, der Pfarrer und zwei Totengräber.

Sophie starrte auf den Sarg. In ihren kleinen Händen hielt sie ein paar weiße Blumen. Der Pfarrer begann zu sprechen. „Wir sind heute hier, um Feldwebel Thomas Müller zu verabschieden…“ Aber Sophie hörte nicht zu. Sie stand verloren vor dem Sarg ihres Vaters. Ihre Mutter war tot, sie hatte keine Familie, keine Freunde. Nur ein kleines Mädchen und ein übergroßer Verlust. „Papa“, flüsterte sie, „warum bist du gegangen?“ Der Pfarrer beendete sein Gebet. „Erde zu Erde, Staub zu Staub…“

Genau in diesem Moment hörte man aus der Ferne ein Geräusch. Zuerst das tiefe Grollen eines Motors, dann noch eines, dann fünf. Am Friedhofseingang hielten fünf schwere Militärfahrzeuge. Die Türen öffneten sich, und Soldaten begannen auszusteigen.

Einer nach dem anderen. In Zweierreihen. Dann in Gruppen. Alle in voller Paradeuniform, alle geordnet, alle schweigend. Zehn Soldaten. Zwanzig. Dreißig. Vierzig. Fünfzig.

Sie betraten den Friedhof. Sie alle gingen im gleichen Rhythmus. Stiefel trafen im perfekten Gleichschritt auf den Kiesweg.

Sophie hob den Kopf. Ihre Augen weiteten sich. Frau Schneider hielt den Atem an. Der Pfarrer trat leise zurück.

Die Soldaten bildeten einen perfekten Halbkreis um den Sarg. Kommandant Oberstleutnant Weber stand ganz vorne. Er trat auf Sophie zu und kniete nieder. Seine Stimme war sanft. „Du musst Sophie sein.“ Sophie nickte stumm. „Dein Vater war einer meiner besten Männer“, sagte Weber. „Und wir lassen unsere Kameraden niemals allein.“

Oberstleutnant Weber stand auf. Er wandte sich den Soldaten zu. „Achtung!“ Fünfzig Soldaten nahmen gleichzeitig Haltung an. „Präsentiert das Gewehr!“ Fünfzig rechte Hände schnellten an die Stirn. Ein perfekter, stiller Salut. Und dann Stille. Nur der Wind.

Weber trat zum Sarg. Er entfaltete feierlich die deutsche Flagge und legte sie über den Sarg. Dann zog er eine kleine Schachtel aus seiner Jackentasche und wandte sich wieder Sophie zu. „Sophie, dein Vater hat diese Medaille in Afghanistan verdient. Die Tapferkeitsmedaille. Aber ich gebe sie dir, denn auch du bist tapfer.“

Sophie nahm die Medaille entgegen. Tränen liefen über ihre Wangen. Dann begann der Trompeter. Der Klang von „Der gute Kamerad“ erhob sich, klar und traurig, in die kalte Luft. Die Soldaten hörten schweigend zu, auf den Gesichtern einiger spiegelten sich Tränen.

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