Der Richter schrieb etwas auf. Erica spürte einen Kloß im Hals. Das war der Wendepunkt. Jonas sank auf seinen Stuhl, sein Gesicht eine Maske aus ohnmächtiger Wut.
Der Gerichtssaal leerte sich langsam. Erica kniete sich neben Maria, die in einer Ecke saß. „Es ist vorbei, Schatz.“ Maria blickte auf. In ihren Augen lag keine Erleichterung, nur eine tiefe Müdigkeit. „Ist er böse?“, flüsterte sie. Erica zögerte. „Er wird lernen müssen. Genauso wie du heute gelernt hast zu sprechen.“ Das Mädchen lehnte seinen Kopf an ihre Schulter und atmete tief aus, als würde es seinem Körper zum ersten Mal erlauben, sich zu entspannen.
Die Schultage füllten sich wieder mit Lachen. Aber für Erica klang nichts mehr wie zuvor. Marias Körper brauchte Zeit, um zu lernen, dass er frei war. In der Therapie entdeckte sie, dass sie rennen konnte, ohne Schuldgefühle, atmen, ohne um Erlaubnis zu fragen.
Jonas war auch anders. In den überwachten Besuchstunden sprach er nicht mehr über Disziplin. Er sah seiner Tochter einfach nur beim Spielen zu. Kleine Gesten, aber für Maria waren sie so groß wie eine neue Welt.
Und vielleicht ist es das, was Sie, der Sie bis hierher geblieben sind, auch spüren. Wie oft haben Sie selbst Schmerzen verschluckt, um jemanden, den Sie lieben, nicht traurig zu machen? Wie oft sind Sie still geblieben, obwohl alles in Ihnen geschrien hat?
Marias Geschichte endet hier nicht. Sie trägt noch Narben. Aber sie weiß jetzt, dass sie nicht allein ist. Sie weiß, dass jemand ihr geglaubt hat. Und das macht den ganzen Unterschied.