In den Annalen der Rockgeschichte gibt es nur wenige Namen, die so viel Ehrfurcht hervorrufen wie Eric Clapton. An die Wände Londons wurde einst gesprüht: “Clapton is God” – ein Spitzname, der ihm während seiner Zeit bei den Bluesbreakers von John Mayall verliehen wurde und der für immer an ihm haften sollte. Er war der Gitarrenheld, der mit Bands wie den Yardbirds, Cream und Blind Faith den Sound einer ganzen Generation prägte. Doch hinter der Fassade des gottgleichen Musikers verbarg sich ein Mann, der sich selbst immer nur als Schüler des Blues sah – ein Mann, der trotz seines eigenen Ruhms einen anderen Gitarristen als den größten aller Zeiten ansah. Dies ist die Geschichte von Eric Claptons turbulenter Reise durch Ruhm, Schmerz und Sucht und die überraschende Enthüllung seines persönlichen Gitarrenhelden.
Geboren 1945 in Ripley, England, war Claptons Kindheit alles andere als idyllisch. Er wuchs in dem Glauben auf, seine Großeltern seien seine Eltern und seine leibliche Mutter seine ältere Schwester. Die schmerzhafte Wahrheit erfuhr er im Alter von neun Jahren, ein Schock, der ihn tief prägte und ihn zu einem verschlossenen und distanzierten Jungen machte. In dieser Zeit der emotionalen Verwirrung fand er Zuflucht in der Musik. Mit 13 Jahren bekam er seine erste akustische Gitarre. Obwohl die Anfänge frustrierend waren, wurde die Musik zu seiner Sprache, zu seinem Ventil. Er tauchte tief in die Welt des amerikanischen Blues ein und ahmte die Klänge seiner Idole wie Robert Johnson, Muddy Waters und B.B. King nach.
Sein Talent blieb nicht lange unbemerkt. Nach Anfängen als Straßenmusiker stieg er schnell in die Londoner Musikszene ein, zunächst bei den Roosters und dann 1963 bei den Yardbirds. Doch sein puristischer Ansatz zum Blues kollidierte bald mit den kommerziellen Ambitionen der Band. Als die Yardbirds sich in Richtung Popmusik bewegten, verließ Clapton sie. Seine nächste Station, John Mayall & the Bluesbreakers, zementierte seinen Ruf als Ausnahmegitarrist und brachte ihm den berühmten Spitznamen “God” ein.
Der weltweite Durchbruch kam mit Cream, der ersten Supergroup der Rockgeschichte, die er zusammen mit dem Bassisten Jack Bruce und dem Schlagzeuger Ginger Baker gründete. Mit Hits wie “Sunshine of Your Love” und “White Room” eroberten sie die Welt, doch interne Konflikte und Egos führten zur Auflösung der Band auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs im Jahr 1968. Es folgte eine kurze Zeit mit der Supergroup Blind Faith, doch Clapton fühlte sich vom Druck des Ruhms erdrückt und suchte nach einem authentischeren musikalischen Ausdruck.
Er fand ihn vorübergehend als Sideman bei Delaney & Bonnie, wo er die Anonymität und die reine Freude am Musizieren wiederentdeckte. Diese Erfahrung inspirierte ihn zu seinem selbstbetitelten Solo-Debütalbum. Doch die dunkelsten Kapitel seines Lebens sollten erst noch folgen. Seine Zeit mit der Band Derek and the Dominos war geprägt von tiefem persönlichem Schmerz. Seine unerwiderte Liebe zu Pattie Boyd, der damaligen Ehefrau seines besten Freundes George Harrison, wurde zur treibenden Kraft hinter dem legendären Album “Layla and Other Assorted Love Songs”. Die Zusammenarbeit mit dem Slide-Gitarristen Duane Allman auf diesem Album schuf einige der ikonischsten Gitarrenduelle der Rockgeschichte.
Der tragische Tod von Jimi Hendrix und kurz darauf von Duane Allman stürzte Clapton in eine tiefe Krise. Der anfänglich verhaltene Erfolg des “Layla”-Albums und sein emotionales Leid trieben ihn in eine schwere Heroinabhängigkeit, die ihn für Jahre aus der Öffentlichkeit verschwinden ließ. Es war sein Freund Pete Townshend von The Who, der ihm half, den Weg zurück zu finden. Nach einem langen Kampf überwand Clapton seine Sucht und fand langsam wieder ins Leben und zur Musik zurück.
Obwohl er selbst als einer der größten Gitarristen aller Zeiten galt und Legenden wie Jimi Hendrix, Stevie Ray Vaughan und Jeff Beck bewunderte, hatte Clapton eine überraschende Antwort, als er direkt gefragt wurde, wen er für den größten Gitarristen halte. Seine Wahl fiel nicht auf einen der bekannten Rockgötter, sondern auf einen Mann, der vielen Mainstream-Hörern vielleicht weniger bekannt ist: Albert Lee.
Für Clapton war Lee die Verkörperung technischer Perfektion, musikalischer Anmut und geschmackvoller Zurückhaltung. Er bewunderte Lees Fähigkeit, mit unglaublicher Geschwindigkeit und Präzision zu spielen, ohne dabei jemals die Seele der Musik zu verlieren. In Albert Lee sah Clapton nicht nur einen meisterhaften Techniker, sondern einen wahren Künstler, dessen Genie im Subtilen lag. Diese Wahl enthüllt viel über Clapton selbst: Trotz seines Status als “Gott” blieb er ein bescheidener Bewunderer des Handwerks, ein ewiger Schüler, der die Meisterschaft in all ihren Formen erkannte. Seine Reise von einem Jungen, der in der Musik Zuflucht suchte, zu einer Legende, die andere verehrte, ist ein kraftvolles Zeugnis dafür, dass selbst Götter ihre Helden haben.