Das Flugzeug vibrierte, quietschte, schlingerte und kam schließlich mit kreischenden Bremsen zum Stillstand mitten auf der Bahn. Stille, nur das Knacken heißer Metallteile, dann ein Schrei, dann klatschte jemand und noch einer. Dann brach der Jubel aus. Beatrix stand auf. Tränen liefen über ihr Gesicht. Sie half Lina, sich abzuschnallen. Das Mädchen riss sich die Maske vom Gesicht und rannte los.
Papa! Die Cockpittür öffnete sich. Martin trat heraus, schweiß auf der Stirn, aber ruhig. Lina flog in seine Arme. Er hob sie hoch, drückte sie fest an sich, so fest, dass sie quietschte. Alles gut, mein Schatz. Wir haben es geschafft. Kapitän Hartmann trat hinter ihm hervor. Seine Knie zitterten. Er sah Martin an.
Ich schulde Ihnen 160 Leben sagte er mit brüchiger Stimme. Martin schüttelte den Kopf. Sie haben uns runtergebracht, Kapitän. Ich habe nur mitgerechnet. Hartmann reichte ihm die Hand. Sie schüttelten sich wortlos, ehrlich. Draußen rollten Feuerwehrfahrzeuge heran, Schaumkanonen sprühten über das glühende Triebwerk. Rettungskräfte stürmten hinein.
Ein Mann in reflektierender Weste, das Funkgerät am Gürtel, trat auf Martin zu. “Sind Sie der Pilot?” “Ehemaliger”, sagte Martin. Der Mann streckte die Hand aus. Henry Walden, Einsatzleiter Flughafen Feuerwehr. Ich wollte nur sagen, danke. Sie haben uns heute Arbeit erspart. Martin lächelte müde.
Hab einfach getan, was nötig war. Alexandra stieg zitternd die Treppe hinunter. Ihr Haar war gelöst, ihr Anzug zerknittert, ihre Hände bebten. Sie wirkte wie jemand, der die Welt gesehen hatte und wiederkam. Sie sah Martin, wie er Lina hielt, Beatrix daneben, Kapitän Hartmann, der sich am Rumpf abstützte, etwas in ihr brach. nicht aus Schmerz, sondern aus Erkenntnis. Sie ging langsam auf ihn zu.
Ihre Absätze klackten auf dem Asphalt. Herr Krause. Er drehte sich um. Sie atmete tief ein. Ich ich schulde Ihnen eine Entschuldigung. Was ich im Flugzeug gesagt habe, war unentschuldbar. Er sah sie ruhig an. Sie wussten es nicht. Ich hätte es wissen müssen. Ich habe geurteilt nach Aussehen, nach Arroganz.
Sie stockte. Sie haben mein Leben gerettet. Unser allerleben und ich habe sie behandelt, als gehörten sie nicht hierher. Martin hob die Schultern leicht. Ich werde mein ganzes Leben lang beurteilt vom Militär, von Arbeitgebern, von Menschen, die denken, Arbeit mit den Händen wäre minderwertig.
Sie sind nicht die erste, aber das macht es nicht richtig. Nein, sagte sie leise. Tut es nicht. Sie standen einen Moment schweigend da. Dann reichte Alexandra ihm die Hand. Danke für das, was Sie getan haben. Martin nahm sie. Seine Hand warm, rau, echt, gern geschehen. Eine Frau mit Presseausweis eilte herbei, die erste Reporterin, die es durch die Absperrung geschafft hatte.
Vivien Hart, Luftfahrtjournalistin der deutschen Nachrichtenagentur. Herr Krause, darf ich Sie kurz sprechen? Martin wollte abwinken. Ich glaube, das ist nicht der richtige Moment. Nur eine Frage. Sie haben heute 160 Menschen das Leben gerettet. Wie fühlt sich das an? Martin blickte auf seine Tochter, die sich an ihn klammerte, dann auf den rauchenden Jet, auf den erschöpften Kapitän, auf die Feuerwehrleute im Schaum. “Ich bin Vater”, sagte er leise.
“Ich habe getan, was jeder Vater tun würde. Ich habe mein Kind beschützt und alle anderen waren einfach eine Verlängerung davon. Ich fühle mich also nicht wie ein Held, nur wie ein Vater, der Glück hatte. Vivin schrieb mit, nickte er fürchtig. Und sie waren bei der Luftwaffe? Ja, Major der Reserve, Eurofighter Pilot. Warum haben Sie aufgehört? Sein Kiefer spannte sich. Das ist eine längere Geschichte.
Vivien wandte sich Alexandra zu und sie sind Alexandra Brand, Vorstandsvorsitzende von EOV Luftfahrttechnologien. dem Ervan, das mit Helix Jet an den neuen Triebwerksprogrammen arbeitet. Ja, antwortete Alexandra vorsichtig. Vivians Blick wurde schärfer.
Möchten Sie etwas zu dem heutigen Triebwerksversagen sagen? Alexandras Handy vibrierte in ihrer Hand. Eine Nachricht von Clinton Reuter blinkte auf. Sag nichts. Gib dem Wetter die Schuld. Schütze die Aktie. Sie starrte auf den Bildschirm. Dann sah sie Martin an. Martin mit seiner Tochter im Arm, ruß verschmiert, erschöpft, lebendig. Sie erinnerte sich an das Cockpit, an das Feuer, an das Gefühl, keine Kontrolle zu haben und an den Moment, in dem er aufgestanden war, während alle anderen gefroren waren. Sie hob den Kopf. Ja, sagte sie.