Sie ist ohnmächtig. Soll sie sich etwa selbst einchecken? Die Krankenschwester schwieg, schaute zu ihrer Vorgesetzten. Dann zog sie die Glasschiebetür zu. Es tut mir leid. Klack. Red starrte die Tür lange an. Man konnte Regen von seinen Wimpern tropfen sehen. Dann flüsterte er: “Ihr werdet es sein.” Er drehte sich zu seinen Männern um.
Niemand geht nicht, bevor sie drinnen ist. Zwei Männer hoben die Mutter auf, ein anderer holte eine Decke aus der Satteltasche. Jemand reichte Sophie eine trockene Jacke. Diese Männer sahen aus wie Kriminelle, aber sie verhielten sich wie Rettungskräfte oder vielleicht wie etwas dazwischen. Das was Berlin nie zugeben wollte, aber immer brauchte.
Die Wahrheit lag irgendwo im Regen und das war erst der Anfang. Der Regen fiel inzwischen in Strömen wie aus zerreißenden Wolken. Die Straßen glänzten wie dunkles Glas und das einzige Licht kam von den blinkenden Motorrädern und den kalten Neonröhren der Notaufnahme. Drinnen im Krankenhaus tat jeder so, als würde er die Szenerie draußen nicht sehen.
Doch sie sahen alles und sie wussten, was sie taten. Die Sicherheitskraft kam. Ein bulliger Mann mit gelber Warnweste, der aussah, als würde er lieber Feierabend machen, als irgendetwas klären. Er öffnete die Seitentür einen Spalt. Sie müssen das Gelände verlassen. Sie blockieren den Eingang. Red trat vor.
Nicht aggressiv, nur unerschütterlich. Sie stirbt. Ich habe meine Anweisungen. Dann hol jemanden, der mehr als Anweisungen hat. Der Wachmann schluckte. Red machte einen Schritt näher. Wenn diese Frau hier draußen stirbt, liegt das an euch, nicht an uns. Der Mann sagte nichts mehr. Er schloß die Tür wieder, nicht aus Mut, aus Angst vor Verantwortung.
Die Biker arbeiteten wie ein eingespieltes Team. Einer leuchtete mit einer großen Taschenlampe auf die Frau. Ein anderer rieb ihre Hände, um sie warm zu halten. Einer holte ein Erste Hilfesett vom Motorrad. Sophie kniete neben ihrer Mutter und hielt ihre kalte, schwache Hand. Mama, bitte wach auf. Red hockte sich zu ihr. “Sie hört dich, Sophie.
Bleib bei ihr.” Das Mädchen nickte tapfer. Ihr Teddy lag nass auf dem Boden. Red hob ihn auf und steckte ihn vorsichtig unter seine Lederjacke, damit er trocknen konnte. Stern Autos hielten bereits an. Handys gingen hoch. Leise. “Mein Gott!” Flüstern. Stern. Stern. Und schließlich mit dem Dröhnen eines Motors, das durch die Nacht schnitt, ein Polizeiauto.
Die Biker stellten sich reflexartig breiter hin, aber Red hob die Hand. Keine Panik. Der Polizist stieg aus. Jünger Mann, müde Augen, ehrliches Gesicht. Er erwartete Randale. Er bekam etwas völlig anderes. Sein Blick fiel auf die Frau, auf Sophie, auf die durchnästen Männer, die versuchten, sie zu retten. Sein Gesicht veränderte sich.
Was ist passiert? Red, sie lassen sie nicht rein. Keine Unterlagen, keine Versicherung. Sie soll bis morgen warten. Der Polizist brauchte keine Sekunde. Er nahm seine Jacke ab, legte sie über die Beine der Frau und kniete sich hin. Wie lange ist sie bewusstlos? Zu lange sagte Red. Der Polizist griff zum Funkgerät. Hier spricht Einheit 34. Medizinischer Notfall vor der Charité.
Sofort Rettungswagen schicken. Sofort eine Pause und bereitet einen Behandlungsplatz vor. Jetzt er sah zu Red. Danke, dass Sie nicht weggegangen sind. Red nickte stumm. Der Krankenwagen kam mit grellem Blaulicht. Zwei Sanitäter sprangen heraus, warfen Blicke auf die Mutter. Und die Situation. Ihre Augen wurden weit.
Wer hat sie stabil gehalten? Red hob die Hand. Der Sanitäter sah ihn an, kurz überrascht, dann voller Respekt. Sie haben ihr das Leben gerettet. Während sie die Frau auf die Trage legten, klammerte sich Sophie an Retzbein. Gehen Sie jetzt rein? Bitte sagen Sie ja. Red kniete sich hin, wischte ihr vorsichtig die Tränen unter den Augen weg.
Sie geht jetzt rein, kleine Löwin. Und sie kommt da wieder raus. Die Sanitäter schoben die Trage zum Eingang und plötzlich, als hätte Berlin selbst beschlossen, genug zu haben, öffnete sich die automatische Tür. Weit, ganz weit. Zwei Ärzte warteten bereit. Die Krankenschwester, die vorher die Tür verschlossen hatte, stand daneben, ihre Augen voller Schuld, doch R sah sie nicht an.