Sie sprach noch mit Peter auf Niederländisch und lachte, als sich die Tür hinter ihr öffnete. Sie drehte sich um und erstarrte. Ethan Morgan stand da, eine Augenbraue hochgezogen. „Ich wollte nicht stören“, sagte er auf Englisch und trat weiter in den Raum. „Hast du Niederländisch gesprochen?“ Emily sprang auf, hastig das Gespräch beendend. „Ja, Sir. Es tut mir leid, ich war in der Pause.“ „Kein Problem“, unterbrach er ruhig. „Wo hast du das gelernt?“ „Ich habe Sprachen am College studiert, Sir. Es ist meine Leidenschaft.“ Sie vermied seinen Blick, verlegen und ein wenig ängstlich. Eine Pause. Sie erwartete eine Verwarnung, doch stattdessen fragte Ethan: „Wie heißt du?“ „Emily Torres.“ „Emily?“, wiederholte er, als würde er den Klang testen. Dann nickte er langsam. „Danke für deine Zeit. Genieße dein Mittagessen.“ Und so verließ er sie. Emily war fassungslos. Sie setzte sich, das Herz raste, und versuchte sich einzureden, dass es nichts sei – nur ein neugieriger Moment, ein flüchtiges Interesse.
Am nächsten Tag rief ihr Vorgesetzter sie beiseite. „Die Personalabteilung möchte dich sofort sehen.“ Emily blieb der Atem weg. HR – war sie in Schwierigkeiten? Sie ging ins Hauptbüro, klopfte vorsichtig. Die Leiterin der HR, Frau Valerie Green, blickte von ihrem Schreibtisch auf. „Komm rein, Emily. Setz dich.“ Emily verschränkte die Hände fest im Schoß. „Ich habe heute Morgen eine sehr ungewöhnliche Anfrage erhalten“, begann Frau Green. „Herr Morgan hat darum gebeten, dass Sie versetzt werden. Mit sofortiger Wirkung. Sie werden in eine neu geschaffene Position wechseln.“ Emily blinzelte. „Versetzte Assistentin im Bereich internationale Gästebetreuung.“ Einen Moment lang musste sie die Worte verarbeiten. „Entschuldigung, was bedeutet das?“ „Sie werden mit unseren prominenten Gästen arbeiten, besonders mit solchen, die kein Englisch sprechen. Sie unterstützen bei Übersetzungen, Gastfreundschaft und kultureller Koordination.“ Emily war sprachlos. „Die Rolle bringt auch eine deutliche Gehaltserhöhung mit sich“, fügte Frau Green hinzu. „Etwa das Dreifache Ihres aktuellen Gehalts.“ Emilys Stimme zitterte. „Ist das echt?“ Frau Green lächelte leicht. „Sehr echt. Herr Morgan trifft keine zufälligen Entscheidungen. Er sagt, Ihre Talente werden dort verschwendet, wo Sie bisher sind. Sie beginnen heute. Er möchte Sie nach dem Mittagessen in seinem Büro sehen.“
Als Emily das HR-Büro verließ, schwirrte ihr Kopf noch immer. Sie ging denselben Flur entlang, den sie früher jeden Morgen wischte. Aber heute sah alles anders aus. Die goldenen Kronleuchter, die Samtteppiche, sogar die Fahrstuhlmusik – alles fühlte sich an wie ein neuer Teil der Welt. Sie war gerade in eine Welt eingetreten, der sie nie angehört hätte. Sie legte die Hand auf die Brust und spürte den schnellen Herzschlag. Warum sie? Was hatte Ethan Morgan in einer Hotelputzfrau gesehen, die in der Mittagspause Niederländisch sprach? Und vor allem, wonach suchte er wirklich? Es war zu viel, um es auf einmal zu verarbeiten. Doch tief in ihr flüsterte etwas: „Dies ist erst der Anfang.“
Emily stand vor dem Spiegel im Umkleideraum des Personals, nicht mehr in ihrer Putzuniform, sondern in einem maßgeschneiderten marineblauen Rock, einer Seidenbluse und weichen Lederschuhen mit Absatz – Kleidung, die ihr perfekt passte, als hätte jemand sie genau studiert. Ihr Namensschild lautete nun: „Enter International Guest Relations Associate“. Die Absurdität des Ganzen ließ ihre Brust enger werden.
Wie hatte sich ihr Leben so schnell gedreht? Vor gerade zwei Tagen hatte sie noch in stiller Stille Marmorböden geschrubbt. Nun sollte sie Diplomaten und CEOs gegenüber sitzen, Gespräche in mehreren Sprachen dolmetschen – für einen der mächtigsten Männer in der Hotellerie. Als sie sich auf den Weg zur Executive Suite machte, in der Ethan Morgan auf sie wartete, klickten ihre Absätze im Rhythmus ihres Herzschlags auf den polierten Fliesen.
Sie ging vorbei an den opulenten Kronleuchtern und teuren Kunstwerken, die sie einst für Gäste und Personal abgestaubt hatte, die ihr jetzt neugierig und verwundert entgegenblickten. Ein Mann trat sogar zur Seite, um ihr Platz zu machen. So etwas war ihr noch nie passiert. Draußen vor der Suite hielt sie inne. Ein Page nickte und öffnete ihr die Tür.