Die Besetzung der Parade: Von stillen Gästen bis zu den Hauptdarstellern

Die sieben angekündigten Kometen bilden ein breites Spektrum an Himmelsbesuchern ab, von kaum erkennbaren Lichtern bis zu potenziellen Spektakeln:
Die leisen Reisenden: Zwei Kometen, C/2020 Panstarrs und 240P/Neat, bleiben vergleichsweise weit draußen und gehören zur leisesten Sorte. Panstarrs erreicht sein Perihel jenseits der Marsbahn (etwa 3,8 AE), wo die Sonnenwärme zu schwach ist, um mehr als einen schwachen, matten Nebelfleck hervorzurufen. Ähnlich unauffällig wird 240P/Neat in doppelter Entfernung zur Erde vorbeiziehen. Ihre treuesten Beobachter sind Amateurastronomen, die mit empfindlichen Kameras deren Strukturen herausarbeiten.
Die Hauptakteure der Saison: Drei Kometen haben das Potenzial, Millionen Menschen in Staunen zu versetzen und das Highlight der Beobachtungssaison zu bilden:
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Komet Swan C/2025 R2: Er erreicht am 21. Oktober die größte Nähe zur Erde, nur rund 0,25 AE entfernt. Die Modelle sagen eine Helligkeit von Magnitude 2 bis 3 voraus. Wer in der Morgendämmerung einen dunklen Beobachtungsort aufsucht, könnte Swan sogar mit bloßem Auge entdecken. Die extreme Erdnähe dürfte seinen Schweif dramatisch auffächern.
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Atlas K1 (C/2025 N2): Dieser Komet rauscht am 8. Oktober tief innerhalb der Merkurbahn ins Perihel. Die extreme Sonneneinstrahlung dürfte gewaltige Ausbrüche von Gas und Staub, interne „Feuerwerke“, auslösen. Astronomen erwarten einen weiten Schweif und spektakuläre, unberechenbare Aktivität.
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Komet Lemon C/2025 A6: Anfang November folgt Lemon mit einem Perihel von gut 0,5 AE. Er könnte bis Magnitude 3,5 bis 4 erreichen und verspricht ein klassisches Schauspiel: ein leuchtender Komet, der sich im Abendhimmel der Nordhalbkugel ohne Hilfsmittel beobachten lässt.
Der interstellare Exot: 3I/ATLAS und sein chemisches Geheimnis
Unter all den Besuchern stiehlt einer den anderen die Show: 3I/ATLAS. Er ist erst der dritte interstellare Komet, den wir jemals entdeckt haben, und er stellt alles Bekannte infrage. Schon die ersten Aufnahmen des Hubble- und James-Webb-Teleskops enthüllten eine gigantische grüne Koma von fast 700.000 Kilometern Durchmesser – halb so groß wie die Sonne und 50-mal größer als Jupiter.
Noch verblüffender ist seine Chemie. Anders als bei typischen Kometen dominiert hier nicht Wasser, sondern Kohlendioxid (CO2) im Rekordverhältnis von 8:1. Dies deutet auf eine völlig andere Entstehungsgeschichte hin, möglicherweise aus einer Region weit jenseits der Eislinie seines Heimatsterns, wo CO2 in großen Mengen gefrieren konnte.
Die wissenschaftliche Sensation gipfelt in der Vorhersage, dass sein Staubschweif im Jahr 2022 sogar die Erdbahn kreuzen könnte. Sollte auch nur ein winziges Partikel dieses interstellaren Materials unsere Atmosphäre erreichen, hätten Forscher die erste Chance, echtes interstellares Material direkt zu untersuchen. Ein wissenschaftlicher Schatz, der unser Bild von fernen Sonnensystemen revolutionieren könnte.
Wenn die Sonne zurückschlägt: Das Dilemma der Raumsonden
Die Dichte der Kometen im Oktober 2025 stellt auch die Weltraummissionen vor ein einzigartiges Dilemma. Zwar bleibt Komet 414P/Stereo von der Erde aus unsichtbar, da er nahe der Venusbahn an der Sonne vorbeizieht. Doch für die Raumsonden Soho und Stereo, die eigentlich zur Beobachtung von Sonneneruptionen gebaut wurden, ist er ein zentrales Ziel.
Die Missionsleiter von NASA und ESA müssen nun entscheiden, welchen Kometen sie priorisieren sollen: Swan mit seinem nahen Vorbeiflug, Atlas K1 mit seinen gewaltigen Ausbrüchen oder den interstellaren Exoten 3I/ATLAS. Jede Entscheidung bedeutet den Verzicht auf ein anderes Himmelswunder.
Besonders spannend wird das Risiko der Tail Disconnection Events. Eine starke Sonneneruption, ein koronaler Massenauswurf, kann den Ionenschweif eines Kometen einfach abtrennen. Binnen Stunden wächst er zwar nach, doch der Augenblick, in dem ein ganzer Schweif im Nichts verschwindet, ist atemberaubend. Mit sieben Kometen gleichzeitig im inneren Sonnensystem steigen die Chancen, dieses seltene Schauspiel mehrfach in einer Woche live mitzuerleben.
Die Raumsonden liefern dabei entscheidende Daten, indem sie entschlüsseln, wie das Magnetfeld der Sonne Kometenschweife formt und wie sich das Weltraumwetter auf diese zerbrechlichen Besucher auswirkt. Gemeinsam mit den Bodenteleskopen entsteht so ein einzigartiges, lückenloses Netzwerk.