Das geheime Paradies: Chinas himmlische Grube birgt einen uralten, unberührten Wald – eine lebende Zeitkapsel

Das geheime Paradies: Chinas himmlische Grube birgt einen uralten, unberührten Wald – eine lebende Zeitkapsel


 

Das Wunder von Leye: Als die Erde ihr größtes Geheimnis preisgab

 

Anfang 2022 machte ein Team von Ingenieuren in der Region Leye County im Süden Chinas eine beispiellose Entdeckung, die schnell zu einem der bedeutendsten geologischen Ereignisse unserer Zeit werden sollte. Während einer routinemäßigen Landvermessung identifizierten Satellitenaufnahmen eine riesige, unnatürliche Vertiefung im Boden, viel gewaltiger und tiefer als alles, was die Forscher in dieser Gegend je gesehen hatten. Was die Einheimischen schon lange ehrfurchtsvoll als „Himmelsschlund“ (Tian Keng) bezeichneten und mit Legenden von verschwindenden Vögeln und strömender Kaltluft umgaben, entpuppte sich nicht nur als gigantisches Erdloch, sondern als das Portal zu einer verborgenen Welt, die seit Jahrtausenden unberührt unter der Oberfläche existierte.

Die pure Größe des Sinklochs war schockierend: Mit Ausmaßen von etwa 306 Metern Länge, 150 Metern Breite und fast 200 Metern Tiefe hätte darin mühelos ein 60-stöckiges Hochhaus Platz gefunden. Es zählt damit zu den größten jemals entdeckten Dolinen der Welt. Doch die Grube gab ihr Inneres nicht leicht preis. Drohnen, die mit Kameras und Scheinwerfern in die Tiefe geschickt wurden, verloren jegliche Verbindung und lieferten im tiefen Dunkel keine verwertbaren Bilder. Es war, als würde das Sinkloch seine Geheimnisse vehement verteidigen.


 

Die unsichtbare Architektin: Karstgestein und die Geburt der Himmelsschlünde

 

Um zu verstehen, wie solch eine gigantische Öffnung entstehen konnte, muss man die einzigartige Geologie der chinesischen Region Guangxi betrachten. Hier, im „Zentrum der Sinklöcher“ der Erde, besteht das Land hauptsächlich aus Kalkstein. Über Millionen von Jahren hinweg vollbringt Wasser ein Wunderwerk der Geduld: Regenwasser verbindet sich mit Kohlendioxid aus der Luft zu einer schwachen Säure, die langsam in Risse und Hohlräume des Gesteins sickert und es auflöst. Dieser unaufhörliche Prozess bildet weit verzweigte, riesige Höhlensysteme tief unter der Oberfläche, von denen manche groß genug wären, um ganze Stadtviertel aufzunehmen.

Wenn das Dach einer solch massiven unterirdischen Kaverne schließlich zu schwach wird, um die darüber liegende Last zu tragen, stürzt es ein. Die Folge ist ein gewaltiges Loch an der Oberfläche – ein Tian Keng. Diese „himmlischen Gruben“ sind viel tiefer und besitzen steilere Wände als gewöhnliche Dolinen. Trotz dieser geologischen Erklärung blieb der Tian Keng von Leye County ein Rätsel, das dringend einer Auflösung bedurfte. Könnte er weiter einstürzen? Welche Gefahren verbarg er? Zunächst mussten die Ingenieure das Wasser abpumpen, das sich am Grund angesammelt hatte, und begannen mit hochmodernen Scannern die unterirdischen Wände zu kartieren.


 

Der erste Hinweis und die Reise ins Unbekannte

 

Im Zuge der Untersuchungen trafen Spezialisten aus ganz China, darunter Höhlenforscher, Umweltforscher und führende Geologen des China Geological Survey, in Leye ein. Während der Wasserstand sank, begann das Team etwas Unerwartetes zu messen: sehr hohe Sauerstoffwerte am tiefsten Punkt der Grube. Dies war ein wissenschaftliches Paradoxon, da abgeschlossene, tiefe Untergrundräume normalerweise sauerstoffarm sind. Der hohe Sauerstoffgehalt konnte nur eines bedeuten: Dort unten musste etwas Fotosynthese betreiben – etwas Lebendiges wuchs in der Dunkelheit. Diese Information verwandelte das geologische Wunder in ein biologisches Rätsel.

Im Mai 2022 begann die sorgfältig geplante Expedition. Mit starken Sicherheitsseilen verankert, seilte sich ein Team aus Biologen, Höhlenforschern und Ingenieuren in die Tiefe ab, bewaffnet mit Stirnlampen, Laserscannern und Luftsensoren. Die Umgebung änderte sich dramatisch: Die Luft wurde kälter, das Sonnenlicht wich einem feuchten, dichten Nebel, der von den Wänden herabstieg. Schon beim Abstieg erregten drei riesige, präzise geformte Öffnungen in den Felswänden ihre Aufmerksamkeit, die wie Eingänge zu einer verborgenen Unterwelt aussahen und den Geruch von feuchter Erde und grünen Pflanzen verströmten.

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