Das unvollkommene Vermächtnis: Wie der VW T3 zum letzten echten Bulli wurde – und warum sein Motor eine tickende Zeitbombe war

Das unvollkommene Vermächtnis: Wie der VW T3 zum letzten echten Bulli wurde – und warum sein Motor eine tickende Zeitbombe war


Article: Die Geschichte des VW T3 ist die Geschichte eines letzten Aufbäumens, eines Bekenntnisses zur Tradition, das im Angesicht moderner Ingenieursprinzipien als hoffnungslos veraltet galt. Im Dezember 1973 fällte Rudolf Leiding, der damalige Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, eine Entscheidung, die rückblickend als romantisch, mutig und zutiefst problematisch gelten muss: Der neue Transporter, das Modell T3, würde die Bauweise seiner Vorgänger T1 und T2 beibehalten – Heckmotor, Heckantrieb. Vorn der Fahrer, hinten der Motor, dazwischen maximaler Raum. Diese Philosophie stand 1973 bereits im Widerspruch zur fortschreitenden Automobilentwicklung, die längst auf das Frontmotorkonzept setzte. Doch Leiding glaubte an die Überlegenheit dieser Raumphilosophie, schuf damit jedoch ein Modell, das sich in einen unvergesslichen Spagat zwischen Nostalgie und Moderne begab.


Die radikale Neukonstruktion

Der VW T3, offiziell als Typ 2 Modell 80, intern aber schnell als P3 bekannt, lief im Mai 1979 in Hannover vom Band. Er war radikal anders als alles, was VW in dieser Sparte zuvor gebaut hatte. Der T3 war die erste eigenständige Neuentwicklung der Transporter-Baureihe. Vorbei waren die Zeiten, in denen man lediglich Käfer-Technik in einen größeren Rahmen presste.

Die Ingenieure um Entwicklungschef Gustav Meer vollzogen eine Revolution am Fahrwerk: Die veraltete Pendelachse wich modernen Doppelquerlenkern vorn, die primitive Hinterachse wurde durch eine Schräglenkerachse mit Schraubenfedern ersetzt. Das Ergebnis war ein Transporter, der in puncto Fahrstabilität und Handling einen Quantensprung darstellte. Die schwammige Rollenlenkung des T2 wich einer präzisen Zahnstangenlenkung, der Wendekreis schrumpfte um zwei Meter auf nur 10,5 Meter.

Auch das Äußere spaltete die Gemüter: Kantig, sachlich und funktional – 125 Millimeter breiter und 60 Millimeter länger als der T2. Die Form spiegelte die nüchterne Designsprache der späten 70er wider. Viel wichtiger jedoch war die verbesserte Crash-Sicherheit. Dank massiver Stahlbügel unter den vorderen Stoßfängern übertraf der T3 im ADAC-Test von 1984 sogar moderne japanische Konkurrenten. Bei einer Kollision mit 35 km/h blieb der T3 reparabel, während Nissan, Toyota und andere als Totalschaden abgeschrieben werden mussten. Der T3 war damit nicht nur der letzte seiner Art, sondern auch ein Pionier in Sachen passiver Sicherheit in seiner Klasse.


Das technische Genie und seine Achillesferse: Das Wasserboxer-Drama

Zum Start bot der T3 zwei luftgekühlte Boxermotoren (1,6 l mit 50 PS und 2,0 l mit 70 PS) an, die von der Fachpresse freundlich als „untermotorisiert“ bezeichnet wurden. Die wahre Neuerung und die größte Zäsur in der Bulli-Historie kam jedoch im Heck: Ein wassergekühlter 1,6-Liter-Diesel-Reihenmotor aus Golf und Passat. Schwerer, aber ein Drittel sparsamer als der Boxer, eroberte der Diesel schnell die Flottenkunden.

Die eigentliche Legende (und das eigentliche Problem) erschien im Oktober 1981: der Wasserboxer (WBX). Der WBX war eine Weiterentwicklung der luftgekühlten Aggregate, aber technisch grundlegend anders: Aluminiumgehäuse, Heron-Brennräume und ein neues, tief sitzendes Kühlergitter vorn, das dem T3 sein ikonisches Doppelgrillgesicht verlieh. Mit 1,9 l oder 2,1 l Hubraum und Leistungen bis zu 112 PS war er eine technische Meisterleistung.

Doch der WBX wurde schnell zur tickenden Zeitbombe. Die frühe Legierung der Zylinder schwächte bei Überhitzung ab 90 °C, was zu Haarrissen führte. Kühlflüssigkeit trat ins Öl aus. Korrosion fraß Sensoren. Das Ringsystem der Wassermanteldichtung (keine klassische Zylinderkopfdichtung) gab auf. Fahrer lernten die Symptome auswendig: weißer Qualm beim Kaltstart, steigender Kühlwasserverlust, graumilchiges Öl im Ausgleichsbehälter. Ein ganzes Ökosystem von Spezialwerkstätten und Foren entstand, um die notorischen Schwächen dieses technisch brillanten, aber praktisch anfälligen Motors zu beheben. Erst spätere Wasserboxer ab Mitte der 80er-Jahre wurden durch verbesserte Materialien und Fertigung zuverlässiger. Der WBX war der große Kompromiss des T3 – technisch notwendig für höhere Leistung, aber der Anfang vom Ende der legendären Unverwüstlichkeit des luftgekühlten Boxers.

Related Posts

Our Privacy policy

https://worldnews24hr.com - © 2025 News