Deutschlands Illusionen? AfD-Mann Frohnmaier rechnet mit Berliner Außenpolitik ab – von Putins Forderungen bis zu Russlands Milliarden.

Deutschlands gefährlicher Irrweg: AfD-Außenpolitiker Markus Frohnmaier rechnet mit Realpolitik und der Last der Milliarden ab
Inmitten der komplexesten außenpolitischen Krise seit Jahrzehnten sorgt der außenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Markus Frohnmaier, mit klaren und oft provokanten Standpunkten für Aufsehen. In einem Interview mit der „WELT“ beleuchtete Frohnmaier unlängst zentrale Fragen rund um den Krieg in der Ukraine – von der Möglichkeit deutscher Friedensmissionen über Putins Friedensforderungen bis hin zur brisanten Debatte um eingefrorene russische Vermögen. Seine Analyse ist eine schonungslose Abrechnung mit der moralgetriebenen Politik Berlins und ein deutliches Plädoyer für eine Rückkehr zu nüchterner Realpolitik.
Die Gefahr deutscher Friedensgruppen: Wenn die eigene Landesverteidigung kollabiert
Die Diskussion um eine mögliche Entsendung deutscher Friedensgruppen in die Ukraine nach einem Friedensschluss quittierte Frohnmaier mit einer klaren Absage. Er hält dies nicht nur für keine gute, sondern sogar für eine gefährliche Idee. Sein Hauptargument ist von erschreckender Klarheit und dürfte bei vielen Sicherheitsexperten Anklang finden: Deutschland ist momentan nicht in der Lage, die eigene Landesverteidigung sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund Truppen ins Ausland zu entsenden, widerspricht aus seiner Sicht jeder nationalen Priorität und jedem strategischen Kalkül.
Frohnmaier betont stattdessen, dass hier primär die Staaten mit einem Stimmrecht im UN-Sicherheitsrat in der Verantwortung stehen. Sie müssten tätig werden, um den Frieden zu garantieren. Als positives Beispiel führt er Frankreich an, das bereits entsprechende Angebote gemacht habe. Deutschland solle sich auf das konzentrieren, was es leisten kann und soll – nämlich Verantwortung im Rahmen des Wiederaufbaus übernehmen. Dies beinhalte Gespräche über Rohstoffe, Handelsabkommen und eine Beteiligung an der infrastrukturellen Erneuerung, eine Aufgabe, die Frohnmaier bis zu einem gewissen Grad als richtig erachtet.
Putins Forderung: Kapitulation oder maximale Verhandlungsmasse?
Eine der heikelsten Fragen im Interview betraf die jüngsten Äußerungen von Wladimir Putin, die Kämpfe in der Ukraine würden enden, wenn das Land die von Moskau beanspruchten Gebiete freigebe. Journalisten sahen darin eine Forderung, die einer Kapitulation der Ukraine gleichkäme.
Frohnmaier widersprach dieser Interpretation und argumentierte mit einem Kernprinzip internationaler Konfliktlösung: Beide Konfliktparteien versuchen zu diesem Zeitpunkt, das Maximum für sich in dieser Auseinandersetzung zu beanspruchen. Er stuft Putins Maximalforderungen als völlig normalen Teil der Verhandlungstaktik ein.
Der AfD-Politiker ist sich sicher, dass es sowohl von Seiten Putins als auch von Seiten der Ukraine ein Entgegenkommen geben müsse, wenn der Krieg ein Ende finden soll. Ansonsten, so die unmissverständliche Warnung, werde es eben keinen Frieden geben – ein Zustand, der nach über vier Jahren des Konflikts äußerst bedauerlich sei. Er betonte die Wichtigkeit, die amerikanische Initiative zur Beendigung des Krieges konstruktiv zu unterstützen, anstatt sich in Debatten über die Glaubwürdigkeit einzelner Aussagen zu verlieren. Die Aufgabe der deutschen Außenpolitik sei es, so konstruktiv wie möglich zu sein.
Ungedeckte Schecks: Deutschlands Ideenlosigkeit bei Sicherheitsgarantien
Unabhängig von einem Waffenstillstand und möglichen territorialen Zugeständnissen der Ukraine stellt sich die essentielle Frage nach der künftigen Sicherheit und Souveränität des Landes. Wie kann garantiert werden, dass Russland nicht erneut angreift?
Frohnmaier unterstrich die Wichtigkeit, sich für tragfähige Sicherheitsgarantien starkzumachen. Er stellte jedoch fest, dass die Bundesregierung bisher den Eindruck erwecke, keine konkreten Vorschläge zur genauen Ausgestaltung dieser Garantien zu haben. Auch hier verwies er erneut auf die Notwendigkeit internationaler Friedensstruppen – allerdings explizit unter der Ägide der Sicherheitsratsmächte, um die Garantie auch wirklich gewährleisten zu können.
Die Weigerung der USA („No boots on the ground“), sich an Bodenmissionen zu beteiligen, und die vagen Äußerungen prominenter US-Politiker, wie beispielsweise von Ex-Präsident Trump, bestätigen für Frohnmaier die Notwendigkeit, dass Deutschland seine eigenen strategischen Prioritäten jenseits militärischer Abenteuer festlegen müsse.
Die 72-Milliarden-Euro-Rechnung: Ein Schulden-Desaster für Deutschland
Deutschland hat bisher eine erhebliche finanzielle Last im Ukraine-Konflikt getragen. Frohnmaier bezifferte die deutschen Hilfsleistungen auf 72 Milliarden Euro, womit kein anderes Land in Europa so viel gegeben habe wie die Bundesrepublik. Seine scharfe Kritik richtet sich jedoch nicht nur gegen die schiere Höhe der Summe, sondern vor allem gegen die Finanzierung: „Alles, was wir bisher an die Ukraine bezahlt haben, ist zu 100% Schulden finanziert“.
Diese Tatsache ist für Frohnmaier nicht tragbar und erzwingt eine Neudefinition nationaler Prioritäten. Er fordert unmissverständlich: „Irgendwann muss man auch Prioritäten setzen“, und verweist auf die ohnehin angespannte Haushaltslage in Deutschland. Die Bereitschaft zum Wiederaufbau sei vorhanden und richtig, aber die finanzielle Belastung müsse ein Ende finden. Die Debatte, so seine implizite Forderung, muss sich von einem offenen Scheckbuch hin zu einer verantwortungsvollen, auf die eigene finanzielle Stabilität bedachten Politik verlagern.
Der Eklat um Russlands eingefrorenes Vermögen: Rechtsbruch oder Racheakt?

Die geschätzten Schäden an der Infrastruktur in der Ukraine belaufen sich auf etwa 500 Milliarden Euro – eine astronomische Summe. Die Idee, dafür das eingefrorene Vermögen Russlands zu verwenden, ist ein internationaler Streitpunkt.
Frohnmaier äußerte hier massive rechtliche Bedenken. Er hält die Verwendung des gesamten Vermögens für „rechtlich schwierig“. Bereits die Diskussion über die Verwendung der Früchte (also der Erträge) aus diesem Vermögen sei juristisch heikel gewesen. Sollte die Bundesregierung nun tatsächlich das Vermögen in Gänze einsetzen wollen, sieht Frohnmaier einen unvermeidlichen Konflikt mit der amerikanischen Seite kommen.
Das Ende der Moral: Frohnmaiers Plädoyer für knallharte Realpolitik
Die Debatte um die eingefrorenen Vermögen führt Frohnmaier zum Kern seiner außenpolitischen Philosophie: dem Verhältnis von Moral und Realpolitik. Auf die Frage, ob die Verwendung der Gelder zwar juristisch schwierig, aber moralisch das Richtige sei, antwortete Frohnmaier mit einer deutlichen Abgrenzung von der aktuellen Regierungslinie: „In der Außenpolitik operieren wir nicht mit moralischen Grundsätzen. Es geht hier um Interessen und um Realpolitik“.
Er erklärte unmissverständlich: „Die Zeit von Frau Baerbock und anderen ist da vorbei“.
Frohnmaier warnt eindringlich davor, dass ein Rechtsbruch – selbst wenn er moralisch motiviert ist oder als Reaktion auf einen früheren Rechtsbruch Russlands gesehen wird – die internationale Ordnung fundamental beschädigt. „Deutschland kann nicht Recht brechen, nur weil andere Recht gebrochen haben“. Wer diesen Weg einschlägt, so Frohnmaiers Schlussfolgerung, „verabschiedet sich von der internationalen Ordnung und der sorgt eben auch dafür, dass irgendwann das Recht des Stärkeren gilt“.
Es sei „albern“, auf der einen Seite das russische Vorgehen zu beklagen und auf der anderen Seite einen Rechtsbruch mit der Begründung zu rechtfertigen, die anderen hätten es ja auch getan. Frohnmaiers Botschaft ist klar: Nur eine Rückkehr zur nüchternen Realpolitik, die auf nationalen Interessen, Völkerrecht und strategischer Vorsicht basiert, kann Deutschland aus den aktuellen außenpolitischen und finanziellen Engpässen führen. Die Bundesrepublik müsse ihre Fähigkeit zur Landesverteidigung stärken, finanzielle Limits setzen und sich bei der Friedensstiftung konstruktiv, aber nicht übermütig, einbringen.