Die Hochstaplerin von Barcelona: Wie María Àngels Molina das Leben ihrer Freundin Anna fälschte und ihren Tod inszenierte

Die Hochstaplerin von Barcelona: Wie María Àngels Molina das Leben ihrer Freundin Anna fälschte und ihren Tod inszenierte


Article: Die Hochstaplerin von Barcelona: Wie María Àngels Molina das Leben ihrer Freundin Anna fälschte und ihren Tod inszenierte

Im sonnigen Barcelona des Jahres 2008 schien das Leben von Anna Maria Pa Capitan (36) in perfekter Ordnung zu sein. Die freundliche, ehrgeizige Modedesignerin lebte seit fast zehn Jahren mit ihrem Partner Carlos zusammen und plante eine gemeinsame Zukunft. Doch hinter der Fassade ihres idyllischen Lebens hatte sich eine Bedrohung eingenistet, die ausgerechnet aus dem Kreis ihrer engsten Vertrauten stammte. Die Geschichte, die mit ihrem Verschwinden begann, enthüllte eine Chronik von Täuschung, Identitätsbetrug und eiskalter Mordlust, deren Wurzeln Jahrzehnte in die Vergangenheit reichten.

Das Mysterium in der Ferienwohnung

Am 19. Februar 2008 kehrte Anna nicht von der Arbeit nach Hause zurück. Sie hatte Carlos gesagt, sie würde ihre langjährige Freundin Maria Àngels Molina, genannt Angie (40), treffen. Zwei Tage später, am 21. Februar, machte eine Reinigungskraft in einer kurz zuvor angemieteten Ferienwohnung in Barcelona eine schreckliche Entdeckung: Annas Leiche lag nackt auf einem Sofa, der Kopf mit einem Plastiksack bedeckt, der fest mit Klebeband verschlossen war.

Obwohl der Tatort keine Kampfspuren aufwies und die Obduktion Erstickung als Todesursache bestätigte, kamen den Ermittlern schnell Zweifel an einem Unfall während einer privaten sexuellen Praktik. Der Plastiksack war zu fest versiegelt. Zudem fehlten Annas Kleidung und Handtasche, was auf die Beteiligung einer anderen Person hindeutete. Spuren von Sperma auf ihrem Körper bestätigten die Anwesenheit von mindestens zwei Männern.

Die Ermittler standen vor einem Rätsel: Annas Familie und Carlos schworen auf ihre Treue und Vorsicht. Es kursierten Gerüchte über geheime Aktivitäten, die jedoch schnell widerlegt wurden: Anna verdiente gut und hätte jederzeit auf die Hilfe ihrer Familie zählen können. Die Wahrheit verbarg sich in Annas Doppelleben – oder vielmehr: in dem Doppelleben, das man ihr aufgezwungen hatte.

Angie’s Netz aus Lügen

Die erste verdächtige Spur lieferte Anna selbst. Sie hatte ihre Freundin Angie gebeten, Carlos gegenüber zu lügen und zu bestätigen, dass das Treffen stattgefunden habe, falls er sich melde. Angie gab zu, dass das Treffen abgesagt worden war. Sie vermutete, Anna habe einen heimlichen Liebhaber. Doch die Ermittlungen legten bald ein weit perfideres Muster frei:

  1. Bankbetrug: Bankunterlagen zeigten, dass am Tag vor Annas Tod 600 € von ihrem Konto abgehoben wurden – um 9:00 Uhr, als Anna nachweislich bei der Arbeit war. Die Überwachungsaufnahmen zeigten eine Frau mit ähnlicher Frisur und Statur, die sich jedoch nicht mit Anna identifizieren ließ. Carlos erkannte in ihr jedoch Angie.
  2. Identitätsdiebstahl und Schulden: Die Polizei entdeckte neun Kredite und Leasingverträge in Annas Namen, die zwischen 2006 und 2008 abgeschlossen wurden und sich auf insgesamt 12.000 € beliefen. Die Anträge enthielten falsche Angaben über Annas Status und Einkommen.
  3. Die Lebensversicherung: Am alarmierendsten war die Entdeckung von zwei Lebensversicherungspolicen im Wert von 840.000 €, die ebenfalls auf Annas Namen abgeschlossen worden waren. Einer der Begünstigten war eine unbekannte Frau namens Susanna Basunana (deren Identität ebenfalls von Angie gefälscht wurde). Der zweite Begünstigte war: Maria Àngels Molina (Angie).

Alle Beweise verdichteten sich: Die Adresse auf den Kreditanträgen war Angies Wohnort. Und in der Wohnung ihres Freundes Miguel wurden Annas Reisepass und Ausweis gefunden, Dokumente, die Anna nie als gestohlen gemeldet hatte.

Die Inszenierung des Verbrechens

Angie behauptete zunächst, sie sei am Tattag in Zaragoza gewesen, um die Asche ihrer Mutter abzuholen. Doch Telefonprotokolle zeigten, dass Angies Telefon in der fraglichen Nacht in Barcelona geortet wurde – nur 300 Meter vom Tatort entfernt. Ein in der Wohnung gefundener schwarzer Damenschuh gehörte ihr, und das Haar in einer am Tatort gefundenen Perücke stimmte mit Angies DNA überein.

Bei der Durchsuchung von Angies Wohnung fanden die Ermittler die Kopien aller Kreditverträge, Annas Ausweisdokumente, eine kleine Flasche Chloroform und eine blonde Perücke (die für die Fälschung von Susanna Basunana verwendet wurde). Angies Computerrecherchen befassten sich mit Beruhigungsmitteln und Orten, an denen Männer sexuelle Dienstleistungen gegen Geld anboten.

Es stellte sich heraus, dass Angie zwei Männer in einem Club engagiert hatte. Anstelle einer normalen Dienstleistung bot sie ihnen 100 € für ihr Sperma in einem Becher an, das angeblich als Beweis für eine Wette dienen sollte. Diese DNA-Spuren waren Teil von Angies Plan, Annas Tod als unglücklichen Unfall während einer privaten sexuellen Begegnung zu inszenieren. Die Ermittler kamen zu dem Schluss, dass Angie Anna wahrscheinlich unter dem Vorwand eines Abendessens in die angemietete Wohnung gelockt, ihre Speisen mit Beruhigungsmitteln versetzt und sie dann erstickt hatte, um an die Lebensversicherung zu gelangen.

Angie Molina: Die besessene “Prinzessin”

Der Fall enthüllte nicht nur den Mord, sondern auch das betrügerische Leben von Maria Àngels Molina selbst.

Schon in jungen Jahren war Angie von Geld und Luxus besessen. Sie log unablässig über ihre Herkunft, behauptete, ihr Vater sei Notar oder Staatsanwalt, und inszenierte sich als Spross einer reichen, einflussreichen Familie. In Wirklichkeit war ihr Vater Taxifahrer, und die Familie lebte bürgerlich. Angie war arrogant und herablassend gegenüber weniger wohlhabenden Menschen. Sie nannte sich selbst „die Prinzessin“.

1988 heiratete sie den argentinischen Geschäftsmann Juan Antonio Álvarez Litburn, dem sie ebenfalls ihre erfundenen Geschichten auftischte. Juan, der sich von ihrer vermeintlichen Herkunft minderwertig fühlte, versuchte, ihr mit Geschenken und hart erarbeiteter Arbeit gerecht zu werden. Erst nach Jahren entdeckte er die Wahrheit.

Der Verdächtige Tod des Ehemanns

Im November 1996 fand Angie ihren Ehemann Juan tot in ihrem Haus. Er lag nackt auf dem Bett, und der Inhalt seines Magens deutete auf die Einnahme von phosphathaltigen Reinigungsmitteln hin. Der Safe war geöffnet, eine Rolex und sein Portemonnaie fehlten. Das Haus war von innen verschlossen. Obwohl die Ermittler damals Selbstmord vermuteten – eine zu dieser Zeit in Argentinien nicht unübliche Methode – erbte Angie ein beträchtliches Vermögen.

Nach der Verurteilung wegen des Mordes an Anna Maria Pa Capitan wurde der Fall Juan Antonio Álvarez Litburn im Jahr 2016 erneut untersucht. Es gab Beweise dafür, dass Angie Gegenstände ihres Mannes in Barcelona aufbewahrte und Juan kurz vor seinem Tod mysteriöse Anrufe von seiner Sekretärin wegen seines Wohlbefindens erhielt. Obwohl Spuren in seinem Magen auf eine mögliche Vergiftung hindeuteten, reichten die Beweise nicht aus, um sie anzuklagen.

Maria Àngels Molina wurde 2012 vom Obersten Gerichtshof Barcelonas wegen Mordes und Identitätsdiebstahls verurteilt und zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Die tragische Ironie dieser Geschichte fand im März 2025 eine schockierende Fortsetzung: Während eines temporären Hafturlaubs wurde Molina erneut festgenommen – unter dem Verdacht, mithilfe eines Auftragskillers eine weitere Tötung geplant zu haben.

Ihre Geschichte ist eine düstere Mahnung an die Zerbrechlichkeit des Lebens und daran, wie die Gier eines einzigen Menschen ein Geflecht aus Vertrauen und Wahrheit zerstören kann.

Related Posts

Our Privacy policy

https://worldnews24hr.com - © 2025 News