Kaiser Wilhelm I. – ganz privat: Was wurde aus seinen Kindern?

Wilhelm I. – er ist das Symbol der deutschen Einigungskriege, Bismarcks und der Entstehung des Deutschen Reiches. Doch fast niemand weiß etwas über seine Kinder. Eine Tochter mit dem tragischsten Schicksal ihrer Zeit. Ein Sohn, der Kaiser werden sollte, aber nur für 99 Tage.
Und eine Familie, gefangen zwischen Intrigen, Krankheiten, Hoffnungen und Enttäuschungen. Dies ist die wahre Geschichte eines Königs und seiner Kinder. Wilhelm wurde am 22. März 1797 geboren, im selben Jahr, in dem sein Vater, Friedrich Wilhelm III., den preußischen Thron bestieg. Ein Kind, geboren im Schatten des Königshauses. Und doch: nicht dazu bestimmt, Thronfolger zu sein. Denn Wilhelm war der zweite Sohn.
Nach seinem älteren Bruder Friedrich Wilhelm erwartete ihn, rein dynastisch betrachtet, ein Leben im Schatten des Königshauses. Königin Luise von Preußen, bis heute bekannt für ihren Charme und ihre Herzlichkeit, erlaubte ihren Kindern, gemeinsam unter der Obhut ihres Erziehers Johann Friedrich Gottlieb Delbrück aufzuwachsen. Doch sie strebte stets nach enger Verbundenheit zwischen ihnen.
Von Anfang an war klar, dass die beiden Brüder grundverschieden waren. Friedrich Wilhelm der Ältere war energiegeladen, fantasievoll und künstlerisch begabt. Wilhelm der Jüngere hingegen war ruhig, nachdenklich und ordentlich. Louise erkannte dies deutlicher als alle anderen. Sie schrieb: „Wenn ich mich nicht irre, wird unser Wilhelm seinem Vater immer ähnlicher. Schlicht, ehrlich und nachdenklich.
Während Wilhelms Bruder in Musik, Kunst und Architektur aufblühte, wurde er, seiner Natur entsprechend, auf eine anspruchsvolle Militärkarriere vorbereitet. Für ihn waren Disziplin, Pflicht und Struktur eindeutig von höchster Bedeutung. Jahre später fasste Friedrich Wilhelm IV. diese Unterschiede in einem Satz zusammen: ‚Wären wir Söhne einfacher Beamter gewesen, wäre ich Architekt geworden.‘“ Wilhelm: „Gefreiter.
“ Doch was niemand erwartet hatte: Der stille, zweite Sohn, der Gefreite, würde eines Tages ein Reich regieren, das bei seiner Geburt noch gar nicht existierte. Wie sein Bruder galt Wilhelm als schlank, groß und überraschend gutaussehend. Ein Prinz mit aufrechter militärischer Haltung und ruhigem Wesen. Und wie sein Bruder verliebte er sich sehr früh.
Sein Herz gehörte Elisa von Radziwill, einer jungen Adligen, der Tochter eines engen Freundes der Familie. Doch diese Liebe hatte keine Zukunft. Die Radziwills waren zwar hochadelig, aber nicht regierend, und daher war die Heirat eines Prinzen nach preußischem Hofrecht verboten.
Vier Jahre lang suchten Juristen nach einem Ausweg. Vier Jahre voller Hoffnung, Angst und Verzweiflung. Dann, 1826, fällte sein Vater, König Friedrich Wilhelm III., eine Entscheidung. Es war keine Standesheirat! Die Ehe wurde verboten. Wilhelm war zutiefst erschüttert. „Von diesem Tag an …“Ich bin wie ein Waisenkind auf der Welt.
Doch am preußischen Hof zögerte niemand lange. Kaum. Da die Liebe verboten war, suchte man eine neue Braut für ihn, eine politisch und dynastisch passende. Die Wahl fiel auf Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, Tochter des regierenden Großfürsten Karl Friedrich und der russischen Großfürstin Maria Pawlowna, Schwester von Zar Alexander I. und Nikolaus I.
Wilhelm nahm den Antrag an. Keine Liebe, kein Verlangen. „Man kann nur einmal lieben“, sagte er später. „Augusta war schön und intelligent, aber sie ließ mich kalt.“ Und dann kam der Moment, den niemand erwartet hatte. Der preußische Hof, an dem Wilhelm aufgewachsen war, hatte direkte Verbindungen zur Familie Sisi.
Wilhelms Bruder, der spätere König Friedrich Wilhelm IV., heiratete Elisabeth Ludowika von Bayern, Tochter von König Maximilian I. Joseph. Somit war Elisabeth Ludowika die Schwester von Ludowika, Sisis Mutter. Sisis Tante wurde Königin von Preußen. Der strenge und vom Militär beeinflusste Hohenzollernhof war daher eng mit Sisis Familie verbunden. Die Familie,
Jahrzehnte bevor Elisabeth selbst Kaiserin von Österreich wurde, war eng mit dem preußischen Adel verbunden. Doch die Wurzeln reichten noch weiter zurück. Augustas Schwester, Marie von Sachsen-Weimar-Eisenach, heiratete ebenfalls in den preußischen Adel ein. Sie wurde die Gemahlin von Prinz Carl von Preußen, Wilhelms Bruder. Diese Ehen schufen ein weitverzweigtes Netzwerk zwischen Preußen, Bayern und später Sisis Familie –
ein dynastisches Geflecht, enger geknüpft als die meisten großen europäischen Höfe heutzutage. Doch wie verlief Wilhelms Eheleben? Nach ihrer Hochzeit bezog das junge Paar zunächst das Neue Schloss. Als der von Schinkel entworfene Neubau fertiggestellt war, zogen sie in Schloss Babelsberg, ein romantisches Schloss, das wie geschaffen für einen Neuanfang schien.
Augusta stammte jedoch von einem Hof, der von Kunst, Musik, Wissenschaft und Salonkultur geprägt war. Am preußischen Hof hingegen herrschten Paraden, Uniformen, Formalitäten und eine Kälte, die sie nie wirklich verstanden hatte. Die intellektuelle, hochgebildete Prinzessin fühlte sich wie eine Außenseiterin.
Sie vermisste die Gespräche, den literarischen und philosophischen Austausch und Wilhelm, So sehr er sich auch bemühte, er konnte nicht mithalten. Die ständigen Wutausbrüche wurden bald zu einer Quelle der Angst am Hof. Wilhelm versuchte, die Betroffenen zu beruhigen, manchmal auf seine einfache, fast hilflose Art. „Es ist nicht so schlimm. Es fließt russisches Blut in Ihren Adern.“
Eine Bemerkung, die humorvoll hätte klingen können, aber stattdessen seine eigene Verwirrung offenbarte. Dies trug nicht gerade zu Augustas Beliebtheit am Hof ​​bei. Doch: Im Laufe der Jahre, mit ihren gemeinsamen Pflichten, entwickelte sich etwas, das anfangs niemand für möglich gehalten hatte. Eine tiefe, stille Verbundenheit.
Als Augusta schwer erkrankte, wich Wilhelm kaum von ihrer Seite. Er war gütig, geduldig, liebevoll und fast gerührt von ihrer Sorge. Und wenn man ihn darauf ansprach, lächelte er nur müde und sagte etwas wie: „Versuchen Sie mal, 50 Jahre zusammenzuleben. Streiten Sie jeden Tag und stellen Sie sich dann der Möglichkeit, dass diese Gewohnheit irgendwann aufhört. Dann werden Sie traurig sein.“ Wilhelm I. lebte ein Leben, das von klaren, einfachen, strengen und doch persönlichen Gewohnheiten geprägt war, die ihn so menschlich machten.
Jeden Morgen frühstückte er mit seiner Frau, Königin Augusta. Und es war nicht nur eine Mahlzeit. Es war ein kleines politisches Treffen. Augusta bat ihn, über die aktuelle Lage, über Bismarcks Politik und die Außenpolitik zu berichten. Wilhelm notierte ihre Einwände und Gedanken auf kleinen Zetteln, seinen berühmten „Frühstücksnotizen“, und reichte sie dann beim Reichskanzler ein.
Bis zum Mittag arbeitete Wilhelm noch immer hochkonzentriert. Dann kam der Moment, auf den er sich jeden Tag freute: die Wachablösung. Und daraus entstand eine der liebenswertesten Anekdoten. Seine tägliche Wache bei der Ankunft der Wachen wurde schließlich so alltäglich, dass Reiseführer sie ausdrücklich erwähnten.
Eines Tages, als Bismarck mittags einem wichtigen Vortrag lauschte, stand Wilhelm plötzlich auf und sagte: „Die Wachen kommen. Ich muss ans Fenster! Alle warten darauf, dass ich Hallo sage.“ Nach einem zweiten Frühstück um 13 Uhr aßen Wilhelm und Augusta erst um 17 Uhr zu Mittag. Schlicht und unprätentiös. Das war seine Welt. Klare Zeitpläne, vertraute Räume, keine Überraschungen.
Er trank maßvoll, wie immer. Sein Lieblingsgetränk war ein guter Bordeaux, aber nie mehr als ein oder zwei Gläser, höchstens drei. Dann verkorkte er die Flasche sorgfältig und gewissenhaft und markierte den Füllstand mit einem Stift, damit niemand auf die Idee käme, sich selbst etwas einzuschenken. Auch die Menge des Sekts, den er in Maßen trank, notierte er auf dem Etikett. Wenn
man ihn daran erinnerte, dass Sekt nicht bis zum nächsten Tag haltbar war, wurde er ziemlich verärgert. „Genau das seid ihr, junge Herren, aber ihr versteht es nicht. Die Flasche ist fest verschlossen und steht kopfüber. Sie hält also bis morgen!“ Es waren diese kleinen, fast komischen Momente, die den wahren Wilhelm I. offenbarten: einen hingebungsvollen König, voller liebenswerter Eigenarten und überraschend warmherzig. Doch hinter dem hingebungsvollen König stand ein Vater.
Und der Weg seiner Söhne sollte Preußen tiefgreifender prägen, als er es sich je hätte vorstellen können. Friedrich Wilhelm, der spätere Kaiser Friedrich III., wurde am 18. Oktober 1831 in Potsdam geboren. Er wuchs an einem Hof ​​auf, der von Strenge, Uniformen und einem ausgeprägten Pflichtgefühl geprägt war. Doch Friedrich war anders.
Er war still, sensibel und aufgeschlossen für Kunst, Geschichte und Wissenschaft. Ein Prinz, der lieber nachdachte, als zu befehlen. Sein Wesen stand im völligen Gegensatz zu dem seines Vaters und des preußischen Staates, der ihn formen wollte. Mit 20 Jahren verliebte er sich in eine Frau, die sein Leben verändern sollte: Victoria von Großbritannien, die älteste Tochter von Königin Victoria. Ihre Ehe war eine Seltenheit im Königshaus.
Sie war ideal: Beide waren hochgebildet und glaubten fest daran, dass das Land durch Menschlichkeit, Reformen und Bildung transformiert werden könne. Doch dieser Glaube brachte sie in Konflikt mit der preußischen Macht, dem Militär und vor allem mit einem Mann: Bismarck. Friedrich und Victoria verkörperten ein modernes Preußen. Bismarck hingegen ein autoritäres.
Auch innerhalb ihrer Familien gab es Spannungen. Der älteste Sohn, Wilhelm, folgte dem alten preußischen Ideal: streng, autoritär, hart. Er bewunderte das Militär und lehnte die liberalen Ideen seiner Eltern ab. Ein Bruch, der nie ganz überbrückt wurde. Dann kam der Wendepunkt. Friedrich war Mitte 50, als bei ihm erste Symptome auftraten. Die Ärzte erkannten die Gefahr nicht. Die Diagnose war falsch.
Niemand wollte wahrhaben, dass Friedrich an Kehlkopfkrebs litt. Seine Stimme wurde schwächer, dann brach sie. Der Mann, der mit Worten zu überzeugen suchte, hatte genau das verloren: die Fähigkeit zu sprechen. Als Wilhelm I. am 9. März 1888 starb – nachdem er 1871 in Versailles zum ersten deutschen Kaiser ausgerufen worden war –, war Friedrich schwer krank.
Dennoch folgte er seinem Vater 99 Tage lang auf den Thron. Er arbeitete hart, verfasste sein Testament und ertrug die Schmerzen. Am 15. Juni 1888 starb Friedrich III. in Potsdam. Sein Sohn Wilhelm II. folgte ihm auf den Thron. Heute ist Friedrich III. als der „tragische Kaiser“ bekannt. Ein Mann, der Deutschland hätte verändern können.
Ein Herrscher, dessen Ideale eines liberalen, humanen Reiches sich nie verwirklichten. Doch sein Vermächtnis lebt in seinen Briefen, seinen Reformideen, seinem Glauben an die Menschheit und seiner Liebe zu Victoria fort, die zeitlebens sagte: „Friedrich war der beste Mensch, den ich je kannte.“ Louise von Preußen wurde am 3. Dezember 1838 in Berlin geboren.
Sie war das zweite Kind von Wilhelm I. und Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach. Ein Mädchen, das in eine Welt aus Uniformen, Hofprotokoll und strengen Ritualen hineingeboren wurde. Doch ihre Kindheit war nicht hart, sondern still. Still, weil es ihr an dem fehlte, was ein Kind braucht: Wärme. Ihre Mutter Augusta war hochgebildet, ehrgeizig und zurückhaltend.
Sie erwartete viel, zeigte aber wenig Zuneigung. Louise spürte diese Distanz schon früh. Mit 17 Jahren veränderte sich ihr Leben. Sie heiratete Friedrich von Baden, den späteren Großherzog. Eine überraschend andere Ehe. Nicht hart, nicht kalt, nur Respekt und Vertrauen.
Für Luise wurde Baden ihre Heimat, und Friedrich ihr Partner, der ihr Freiraum gab. Als Großherzogin fand sie ihre Berufung und widmete sich ihr mit ganzem Herzen. Luise engagierte sich in der Krankenpflege, der Armutsbekämpfung, der Bildung und der Sozialarbeit. Sie arbeitete nicht für Ruhm, sondern für die Menschen.
In Baden war sie bald einfach als „Unsere Luise“ bekannt, eine praktische und aufmerksame Fürstin. Luise erlebte drei Kaiser. Sie erlebte den Sieg von 1871 und den Zusammenbruch von 1918. Sie sah den Krieg kommen und gehen, blieb aber dieselbe: ruhig, freundlich und pragmatisch. Am 23. April 1923 starb sie in Baden-Baden im Alter von fast 85 Jahren.
Ein langes, verantwortungsvolles Leben, geprägt von Herzlichkeit und unvergesslich. Luise und Friedrich, zwei Kinder, so unterschiedlich, dass es fast unglaublich war, und doch verband sie etwas. Beide spiegelten Aspekte ihres Vaters, Wilhelm I., des ersten deutschen Kaisers, wider, der Preußen prägte. Ihr Leben zeigte, wie weit die Welt der Pflicht von der Welt der Gefühle entfernt sein konnte und wie tief selbst ein Kaiser vom Schicksal seiner Kinder berührt war.

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