Orbán entlarvte daraufhin die Heuchelei der EU-Energiedogmen. Am Beispiel der Diversifizierung zeigte er die Absurdität der EU-Politik auf. Ungarn besitzt zwei Pipelines, die es versorgen; wenn die EU die ukrainische schließe, bleibe nur noch eine. Dies sei keine Diversifizierung, sondern eine gefährliche Reduzierung der Versorgungssicherheit.
Der eigentliche Grund für die Aggression der Eliten, so Orbán, liege in der erfolgreichen ungarischen Politik: „Sie ertragen es nicht, dass in Ungarn die Energiekosten für Haushalte extrem niedrig sind.“ Er prangerte die Selbstzerstörungspolitik Deutschlands an – das Stilllegen von Kernkraftwerken, das Abreißen von Pipelines – und nannte das spöttisch „Fortschritt“. Die Botschaft ist unmissverständlich: Unser Modell der günstigen Energie, der sicheren Straßen und der starken Familienpolitik funktioniert, während Deutschland in die Krise schlittert. Genau diese funktionierende Alternative ist es, die Brüssel am meisten fürchtet.

Der Kiesel im Schuh: Von Identität und Stolz
Mit nur wenigen Sätzen drehte Orbán das gesamte Narrativ um. Das ehemals als „Problemkind“ stigmatisierte Ungarn wurde zum funktionierenden Beispiel, während Deutschland als „Modell mit Herausforderungen“ dastand. Orbán argumentierte, dass Brüssel und Berlin die Realität vor Ort ignorieren, die Geographie und die Tatsache, dass Ungarn keinen Ozean für LNG-Importe hat. Brüssel möge das Regelbuch schreiben, sagte Orbán, aber Ungarn hält das Veto.
Um den rhetorischen Höhepunkt zu setzen, lieferte er eine Metapher, die Brüssel mitten ins Herz traf: „Ungarn ist wie ein Kiesel im Schuh. Ein unbequemes Beispiel für jene, die eine andere Politik verfolgen.“ Er verwandelte die Debatte von einer über Politik in eine über nationalen Stolz und Identität. Ungarn kontrolliert seine Grenzen, schützt seine Familien und sichert seine Energieversorgung, während in Berlin die Lichter flackern.
Orbán hatte nicht nur ein Argument gewonnen; er hatte das gesamte Schlachtfeld neu definiert. Am Ende schien selbst Merz rhetorisch geschlagen. Die Konfrontation hat Europas größte Bruchlinie offengelegt: Nicht zwischen links und rechts, sondern zwischen denen, die sich führen lassen, und denen, die es wagen, Nein zu sagen. Orbáns Botschaft ist unmissverständlich: Ungarn wird nicht für fremde Ideologien frieren und nicht für den Stolz anderer zusammenbrechen. Der nächste Akt ist bereits eingeläutet: Orbáns Regierung bereitet eine Klage gegen das neue EU-Gesetz vor und droht damit, die EU in ihrem eigenen Gerichtssaal herauszufordern. Die Frage, wer als Nächstes dem mutigen Beispiel Ungarns folgt, hängt nun wie ein Frost in der europäischen Luft.