Seine Taktik wurde verboten – nachdem er an einem Tag zehn feindliche Scharfschützen ausschaltete

Sie lachten über mein Gewehr. Nicht laut, nicht direkt ins Gesicht, aber ich hörte es trotzdem. das leise Grinsen hinter vorgehaltener Hand, das Kopfschütteln, die spöttischen Blicke, wenn ich es aus dem Futterral zog, ein Versandgewehr, bestellt aus einem Katalog für 18 Reichsmark, billig zusammengeschraubt, die Optik wackelig befestigt, der Schaff aus minderwertigem Holz, kein Mauser K78K wie die anderen, keine militärische Präzisionswaffe mit Stammbaum und Tradition, nur Ein einfaches Jagdgewehr, das aussah, als gehörte es in die Hände eines Bauern, nicht eines Soldaten.


“Damit willst du Tommys jagen?”, fragte Oberfeldwebelkrause und verzog das Gesicht, als hätte ich ihm Abfall vor die Füße geworfen. Das Ding trifft vielleicht ein Wildschwein auf 20 m, aber einen feindlichen Scharfschützen. Ich sagte nichts. Was hätte ich auch sagen sollen, dass dieses Gewehr das einzige war, was ich aus meinem alten Leben mitgebracht hatte, dass ich damit in den Wäldern der Eifel aufgewachsen war, dass ich jeden Kratzer auf dem Schaft kannte, jede Macke im Metall, dass ich mit diesem Bauerngewehr mehr Hirsche erlegt hatte, als die meisten dieser Kerle je gesehen hatten. Sie
hätten trotzdem gelacht. Also schwieg ich und ließ sie reden. Die Front lag zwei Kilometer westlich, eine zerfetzte Linie aus Schützengräben, Stacheldraht und zerbombten Gehöften. November 1945 irgendwo in Belgien, wo die Bäume kahl standen und der Himmel eine endlose graue Decke über uns spannte.
Die Amerikaner hatten Elitecharfschützen hergebracht, ausgebildet, gut ausgerüstet, tödlich effizient. In den letzten drei Wochen hatten sie unserer Männer getötet. Immer derselbe Ablauf. Ein Schuss aus dem Nichts, ein Körper sack zusammen. Stille. Niemand sah den Schützen. Niemand hörte mehr als das Echo. Unsere Jungs hatten Angst. Richtige, echte Angst.
Die Art, die ein nachten, nachts nicht schlafen lästt, die einem den Atem raubt, wenn man den Kopf über den Grabenrand hebt. Jeder Baum wurde zum Feind, jede Ruine zur Todesfalle. Die Moral war am Boden und Krause suchte verzweifelt nach einer Lösung. “Wir brauchen einen gegen Scharfschützen”, sagte der Hauptmann bei der Lagebesprechung. Seine Stimme klang müde, ausgelaugt.
Jemanden, der diese amerikanischen Bastarde zur Strecke bringt, bevor sie uns alle einzeln abholen. Die Blicke wanderten durch den Raum. Niemand meldete sich freiwillig. Scharfschützenarbeit war ein einsamer Tod. Entweder du tötest oder du wirst getötet und die Chancen standen schlecht gegen Profis mit überlegener Ausrüstung. Ich mache es, hörte ich mich sagen.
Die Worte kamen aus meinem Mund, bevor mein Verstand sie stoppen konnte. Alle Augen richteten sich auf mich. Krause zog eine Augenbraue hoch, halb belustigt, halb ungläubig. Du mit deinem Versandgewehr? Er lachte kurz auf, ein trockenes humorloses Geräusch. Das ist Selbstmord. Bauer, Bauer. Sie nannten mich alle so. Nicht wegen meines Nachnamens.
der war Richter, sondern weil ich nicht in ihre Welt paßte, kein Stadtjunge, kein Parteimited, nur ein stiller Kerl vom Land, der mehr mit Bäumen sprach als mit Menschen. “Ich kann schießen”, sagte ich leise. “Wildschweine, ja.” Krause schüttelte den Kopf. Aber Menschen, ausgebildete Scharfschützen, die dich genauso jagen, wie du sie jagst, das ist etwas anderes.
Dann lass mich es versuchen. Die Stille im Raum war dicht, schwer. Der Hauptmann musterte mich lange, seine grauen Augen kalt und berechnend. Schließlich nickte er. Gut, du hast 24 Stunden. Wenn du in dieser Zeit einen von ihnen erwischst, bekommst du mehr Zeit. Wenn nicht, er zuckte mit den Schultern, dann haben wir zumindest einen Freiwilligen weniger, um den wir uns Sorgen machen müssen.
Zynisch, brutal ehrlich, so war dieser Krieg geworden. Ich nahm mein Gewehr und verließ die Stellung noch vor Morgengrauen. Die Kälte biss mir ins Gesicht, als ich mich durch das Niemandsland bewegte. Eine zerklüftete Hölle aus Kratern, toten Bäumen und gefrorenem Schlamm. Jeder Schritt mußte leise sein, jede Bewegung kontrolliert.
Die Amerikaner hatten ihre Positionen auf der anderen Seite eines zerstörten Dorfes bezogen. Vielleicht 800 m entfernt, zu nah für Artillerie, zu weit für Infanterie, der perfekte Abstand für Scharfschützen.
Ich fand einen Platz zwischen den Ruinen einer alten Scheune, halb verdeckt von umgestürzten Balken und Gestrüpp. Von hier hatte ich freie Sicht auf die feindlichen Linien. konnte ihre Bewegungen beobachten, ihre Muster studieren. Das Gewehr lag schwer in meinen Händen, vertraut und fremd zugleich. Hier draußen, im Angesicht des Todes, fühlte es sich anders an, nicht mehr wie ein Werkzeug für die Jagd, sondern wie eine Verlängerung meines Willens.
Stunden vergingen, die Sonne stieg hinter den Wolken auf, ein blasses, blutleeres Licht, das kaum Wärme brachte. Meine Finger wurden taub, mein Atem gefror in der Luft, aber ich rührte mich nicht. Geduld war die erste Lektion, die der Wald mir beigebracht hatte. Warten, beobachten, den richtigen Moment spüren. Dann sah ich ihn. Ein Schatten, der sich bewegte.
Langsam, vorsichtig, aber nicht vorsichtig genug. Ein amerikanischer Soldat, der sich hinter einer niedrigen Mauer positionierte. Sein Gewehr im Anschlag. Er trug Tarnkleidung. Sein Gesicht war mit Farbe bedeckt, aber die Silhouette war klar. Ein Scharfschütze, einer von denen, die unsere Männer töteten. Mein Puls beschleunigte sich, aber meine Hände blieben ruhig.
Ich legte die Wange an den Schaft, blickte durch die Optik. Das Fadenkreuz tanzte leicht, der Wind, die Kälte, mein eigener Herzschlag. Ich atmete aus, ließ die Luft aus meiner Lunge entweichen, bis alles still stand. Die Welt verengte sich auf diesen einen Punkt. Der Mann dort drüben, ein Fremder, ein Feind, ein Mensch.
Er hatte vielleicht eine Familie, Träume, Hoffnungen. In einer anderen Welt hätten wir uns nie begegnet, aber hier in diesem Moment war er nur noch ein Ziel. Mein Finger legte sich um den Abzug. Leichter Druck, ganz sanft. Kein Reißen, kein Zucken, nur ein gleichmäßiger kontrollierter Zug. Der Schuss zerrissß die Stille.
Durch die Optik sah ich, wie der Körper zusammensackte, wie die Waffe aus seinen Händen glitt, wie er zur Seite kippte und reglos liegen blieb. ein Leben ausgelöscht in einem Sekundenbruchteil und etwas in mir brach, nicht laut, nicht sichtbar, aber ich spürte es, einen Riss, der sich durch meine Brust zog, ein kaltes Kribbeln, das sich in meinen Gliedern ausbreitete. Ich hatte gejagt, hatte getötet, aber das hier war anders.
Das hier war kein Tier, das hier war ein Mann wie ich. Ich senkte das Gewehr und schloss die Augen, aber das Bild blieb. Der fallende Körper, das plötzliche nichts. Eins, flüsterte ich in die Kälte. Sollten es werden, aber das wusste ich da noch nicht. Ich kehrte nicht sofort zurück.
Das war die zweite Regel der Jagd: “Nie denselben Pfah zweimal gehen. Nie dieselbe Position zweimal nutzen. Die Amerikaner würden nach dem Schuss reagieren, würden die Richtung triangulieren, würden Artillerie oder Spättrups schicken. Also bewegte ich mich seitwärts durch das Gelände, kroch durch gefrorene Gräben, nutzte jede Deckung, jeden Schatten. Mein Atem ging schwer, nicht vor Anstrengung, sondern vor etwas anderem.
Adrenalin, Schock, die Erkenntnis dessen, was ich getan hatte. Der Rückweg dauerte drei Stunden. Als ich die deutschen Linien erreichte, war es später Nachmittag. Die Wachen erkannten mich, ließen mich durch. Im Bunker wartete Krause, die Arme verschränkt, das Gesicht skeptisch. “Und,” fragte er. “Einer”, sagte ich nur. Seine Augenbrauen hoben sich. Du hast einen erwischt. Ich nickte.
Ein Moment der Stille. Dann breitete sich ein langsames Grinsen auf seinem Gesicht aus. Bestätigt. Sie haben ihn nicht geborgen. Er liegt immer noch dort. Dann schauen wir morgen nach. Krause klopfte mir auf die Schulter, eine Geste, die mehr Überraschung als Respekt ausdrückte. Vielleicht hast du doch mehr drauf als gedacht, Bauer. Aber einer reicht nicht.
Die haben noch mindestens sechs oder sieben da draußen. Kannst du weitermachen? Konnte ich. Die Frage hing in der Luft schwerer als Blei. Konnte ich wieder hinaus, wieder zielen, wieder abdrücken? Konnte ich das Gesicht vergessen, dass ich nicht gesehen hatte, den Namen, den ich nicht kannte? Ja, hörte ich mich sagen. Eine Lüge oder vielleicht auch nicht.
Vielleicht war es die Wahrheit nur eine, die ich noch nicht verstehen wollte. Die Nacht verbrachte ich wach. Nicht aus Aufregung, sondern weil jedes Mal, wenn ich die Augen schloß, dieser fallende Körper wieder auftauchte immer und immer wieder. Der Aufprall, die Stille danach, das Wissen, dass ich der Grund war, warum irgendwo in Amerika eine Mutter, eine Frau, ein Kind bald eine gefaltete Flagge bekommen würde.
“Du denkst zu viel”, murmelte Schmidt von der Pritsche neben mir. Er war ein älterer Soldat, Anfang 40, mit müden Augen und einer Narbe quer über der Stirn. “Im Krieg denken bringt dich um. Du machst einfach, sonst gehst du kaputt. “Bin ich schon?”, flüsterte ich. Er lachte leise. “Nein, noch nicht. Aber du bist auf dem Weg.” Vor dem ersten Licht war ich wieder draußen.
Diesmal wählte ich eine andere Position, die Überreste einer Windmühle, deren obere Hälfte weggebombt war. Von hier hatte ich einen anderen Winkel, konnte einen anderen Abschnitt der amerikanischen Linien überblicken. Die Kälte war schlimmer geworden, der Wind schneidend, aber ich spürte ihn kaum noch. Mein Körper hatte auf einen anderen Modus umgeschaltet. Überleben, jagen. Die Sonne kroch über den Horizont, ein schwacher roter Streifen am grauen Himmel.
Und mit dem Licht kamen sie zwei Gestalten, die sich durch die Trümmer bewegten, langsam, methodisch, ihre Waffen im Anschlag, Scharfschützen. Sie suchten nach mir, nach dem Geist, der gestern einen der ihren getötet hatte. Ich konnte ihre Vorsicht spüren, die Anspannung in jedem Schritt. Sie waren gut, sehr gut. Aber sie machten einen Fehler.
Sie bewegten sich zu nah beieinander. Ich wartete, bis sie eine offene Stelle zwischen zwei zerstörten Gebäuden überqueren mußten. Der Erste blieb stehen, sicherte die Umgebung, während der zweite vorrückte. Ein klassisches Zweierteam, effizient, aber vorhersehbar. Mein Fadenkreuz fand den ersten. Brust. Zentrum der Masse, ein sicherer Schuss auf 350 m.
Der Wind kam von links, leicht, vielleicht zwei Stunden Kilometer. Ich korrigierte minimal, atmete aus, der Schuss, Der Mann fiel, als wäre ihm der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Sein Partner reagierte sofort, warf sich hinter Deckung das Gewehr nach vorne gerichtet, die Augen scannend, aber er wusste nicht, wo ich war.
Niemand wusste es. Ich wartete. 5 Minuten, zehn. Meine Glieder wurden starr, aber ich rührte mich nicht. Geduld, immer Geduld. Dann machte er seinen Fehler. Er musste sich bewegen, musste seinen gefallenen Kameraden erreichen oder sich zurückziehen. Er entschied sich für Letzteres. Ein schneller Sprint zurück zur Deckung. 20 m offenes Gelände.
Zu weit, zu langsam. Der zweite Schuss war schwerer. Bewegliches Ziel, größere Distanz, schlechterer Winkel. Aber mein Körper handelte aus Instinkt, aus Jahren im Wald, aus etwas, das tiefer saß als Denken. Ich führte ihn, korrigierte für seine Geschwindigkeit, drückte ab.


Er stolperte, rutschte über den gefrorenen Boden, versuchte sich aufzurappeln. Der dritte Schuss beendete es. Zwei in 10 Minuten. Ich fühlte nichts, keine Aufregung, keine Reue, keine Befriedigung, nur Lehre. Eine riesige gähnende Lehre, wo früher etwas gewesen war. Menschlichkeit vielleicht oder Unschuld oder beides. Drei flüsterte ich.
Die nächsten beiden Tage verschwammen zu einer endlosen Abfolge von warten, Zielen, schießen. Ich wurde zu einem Teil der Landschaft, ein Geist zwischen den Ruinen. Die Amerikaner wurden nervöser, vorsichtiger, aber auch verzweifelter.
Sie mußten mich finden, mußten diesen unsichtbaren Feind eliminieren, der ihre Elitejäger einer nach dem anderen auslöschte. Am Nachmittag des zweiten Tages erwischte ich den vierten. Ein Mann, der sich zu sicher fühlte in seinem Versteck, der dachte, das Dach eines halbstörten Hauses würde ihm Schutz bieten. 500 m. ein schwieriger Schuss durch ein zerbrochenes Fenster.
Aber ich hatte Zeit gehabt zu beobachten, hatte seine Routine studiert, wußte, wann er sich kurz exponieren würde. Eine Kugel, ein Leben. Der fünfte kam bei Dämmerung. Er war der vorsichtigste von allen, bewegte sich nur im Schatten, nutzte jede Deckung perfekt, aber Perfektion hat ihre eigenen Muster und Muster können gelesen werden.
Ich wartete zwei Stunden auf den richtigen Moment. den Bruchteil einer Sekunde, indem er von einer Position zur nächsten wechseln muße. Das Fadenkreuz fand ihn in der Bewegung. Der Schuss halte durch die Stille. Fünf in zwei Tagen. Als ich in der Nacht zurückkehrte, empfing mich anders. nicht mehr mit Spott, sondern mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Unbehagen. Die Männer wichen mir aus, als wäre ich verflucht oder gesegnet.
Vielleicht beides. Grause grinste breit, klopfte mir auf den Rücken. Fünf bestätigte Kills. Der Hauptmann ist begeistert. Die Amerikaner sind in Panik. Du bist eine verdammte Legend, Bauer. Legende? Das Wort schmeckte bitter auf meiner Zunge. Im Bunker sah ich mein Spiegelbild in einem zersprungenen Stück Glas. Ein Fremder blickte zurück.
Hohle Augen, eingefallene Wangen, ein Gesicht ohne Ausdruck. Wer war dieser Mann? Vor drei Tagen war ich noch Richter gewesen, der stille Jäger aus der Eifel. Jetzt war ich was? Ein Killer, ein Werkzeug, eine Waffe in Menschengestalt. Trink, sagte Schmidt und drückte mir eine Flasche Schnaps in die Hand. Das hilft. Ich trank. Es half nicht.
In dieser Nacht träumte ich zum ersten Mal von ihnen. Nicht von Gesichtern, die hatte ich nie gesehen, sondern von Schatten. Fünf Schatten, die hinter mir herliefen, die flüsteren, die fragten, warum? Ich hatte keine Antwort, wollte keine haben. Am dritten Morgen ging ich wieder hinaus, obwohl jeder Muskel in meinem Körper schmerzte, obwohl mein Verstand schrie, dass ich aufhören sollte, aber ich konnte nicht.
Nicht weil Krause oder der Hauptmann es befohlen hatten, sondern weil etwas in mir zerbrochen war und sich in etwas anderes verwandelt hatte. Eine dunkle, hungrige Sache, die nachher verlangte. Die Amerikaner hatten ihre Taktik geändert. Sie bewegten sich jetzt nur noch in größeren Gruppen, hielten sich tiefer in Deckung, vermieden offene Bereiche komplett. Klug, aber nicht klug genug.
Ich fand den sechsten in einem Graben versteckt hinter Sandsäcken. Er dachte, er wäre unsichtbar, aber er hatte nicht mit der Perspektive gerechnet, die mir meine erhöhte Position gab, nicht mit der Geduld, die mich stundenlang warten ließ, bis er sich bewegen musste.
Der Schuss war fast vertikal, ein unmöglicher Winkel, aber das Gewehr, mein verspottetes, billiges Versandgewehr, lieferte sechs. Und mit jedem Fall spürte ich, wie ein Teil von mir wegstarb und durch etwas kälteres härters ersetzt wurde. Die Front flüsterte jetzt meinen Namen, nicht Richter, sondern der Geist, der Phantomschütze. Geschichten verbreiteten sich, wurden größer, wurden zu Mythen.
Angeblich konnte ich durch Wände schießen. Angeblich war ich unsichtbar, angeblich war ich schon tot und kam als Rachender zurück. Alles Unsinn. Ich war nur ein Mann mit einem Gewehr. Ein Mann, der langsam vergaß, was es bedeutete, ein Mann zu sein. Sie schickten ihren Besten.
Ich erfuhr es durch Zufall, durch ein abgefangenes Funkgespräch, das unsere Nachrichtenabteilung entschlüsselt hatte. Sergeant William Hayes wird zur Frontlinie verlegt. Priorität 1 Eliminierung des feindlichen Scharfschützen. 37 bestätigte Kills in Italien und Frankreich. Ein Jäger, der andere Jäger jagte. Sie nannten ihn Ghost Killer, der Geistertöter. Der Name war kein Zufall.
Krause zeigte mir das transkribierte Funkgespräch mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Das ist Ernstbauer. Dieser Mann ist kein gewöhnlicher Scharfschütze. Er ist spezialisiert darauf, Leute wie dich zu finden und zu töten. Vielleicht solltest du dich zurückziehen, eine Pause machen. Nein, sagte ich. Das Wort kam automatisch ohne Nachdenken. Zurückziehen.
Jetzt wo das Spiel zu dem geworden war, was es immer hätte sein sollen. Ein Duell zwischen zwei Männern, die beide dasselbe taten, beide dieselbe Dunkelheit in sich trugen. Nein, das war der Moment, auf den alles hinauslief. “Du bist wahnsinnig geworden”, murmelte Schmidt, als ich meine Ausrüstung zusammenpackte. sechs Kills und du denkst, du bist unsterblich. Aber dieser Haze, der ist anders.
Der kennt jeden Trick, den du kennst und noch ein paar mehr. Dann lernen wir voneinander”, sagte ich und meinte es ernst. “Die Nacht vor dem vierten Tag schlief ich nicht, konnte nicht. Mein Verstand arbeitete, kalkulierte, analysierte. Hay würde nicht wie die anderen sein, nicht vorhersehbar, nicht leichtsinnig.
Er würde meine Muster studiert haben, würde wissen, wie ich operierte, wo ich mich positionierte. Jeder Ort, den ich bisher genutzt hatte, war jetzt eine Falle, jede Routine ein Todesurteil. Also musste ich alles ändern. Statt bei Morgendämmerung hie hinauszugehen, wartete ich bis Mittag. Statt eine erhöhte Position zu wählen, kroch ich in einen flachen Krater im Niemandsland, kaum mehr als eine Senke im gefrorenen Boden.
Von hier hatte ich keine gute Sicht, keine Deckung, keinen Fluchtweg. Aber genau deshalb würde niemand hier nach mir suchen. Es war selbstmörderisch, dumm, perfekt. Die Stunden zogen sich. Die Kälte kroch durch meine Kleidung, meine Knochen, bis ich nicht mehr spürte, wo mein Körper endete und die Erde begann. Der Wind heulte über das offene Gelände, trug den Geruch von Tod und Verwesung.
Um mich herum lagen die Überreste von Schlachten, zerbrochene Gewehre, zerrissene Uniformen, Dinge, die einmal Menschen gewesen waren. Und dann sah ich ihn nicht direkt, nur eine Bewegung so subtil, dass ich sie fast übersehen hätte. Ein Schatten, der sich hinter einer umgestürzten Mauer verschob. zu kontrolliert, um natürlich zu sein, zu vorsichtig, um ein gewöhnlicher Soldat zu sein.
Ha! Ich wußte es ohne es beweisen zu können, spürte es in meinem Inneren, eine Erkenntnis, die keine Logik brauchte. Er war da, irgendwo in diesen Ruinen lauerte er, suchte nach mir, wie ich nach ihm suchte. Das Spiel hatte begonnen. Ich bewegte mich nicht, nicht einen Zentimeter. Meine Atmung wurde flacher, langsamer, bis sie fast aufhörte. Das Gewehr lag vor mir, getarnt unter Schlamm und gest.
Durch die Optik konnte ich den Bereich beobachten, wo ich die Bewegung gesehen hatte. Nichts, nur Stille, nur warten. Eine Stunde verging. Zwei. Die Sonne wanderte über den Himmel, veränderte die Schatten, veränderte die Winkel. Meine Muskeln schmerzten, mein Körper schrie nach Bewegung, aber ich ignorierte es.
Geduld. Alles war Geduld. Dann passierte es. Ein Glitzern. Winzig, nur ein Bruchteil einer Sekunde lang. Licht, das sich in Glas reflektierte. Eine Optik. Seine Optik. Ich hatte seine Position. Aber hatte er meine? Die Frage lämte mich. Wenn ich schoß, würde der Mündungsblitz meine Position verraten.
Wenn ich fehlte, würde er mich finden, bevor ich nachladen konnte. Ein Schuß, eine Chance. Leben oder Tod? Mein Finger lag am Abzug. Das Fadenkreuz tanzte über die Stelle, wo das Glitzern gewesen war. Ich musste raten, musste auf Instinkt vertrauen, musste. Ein Schuss zerriss die Luft. Nicht meiner, seiner. Die Kugel schlug einen halben Meter links von mir in den Boden, wirte gefrorene Erde auf. Er hatte mich gefunden.
Nicht genau, aber nah genug. Der nächste Schuss würde treffen. Zeit verlangsamte sich. Ich sah das Pulver in der Luft, hörte das Echo des Schusses, fühlte meinen eigenen Herzschlag wie einen Trommelwirbel in meiner Brust. zwei Möglichkeiten. Fliehen oder zurückschießen. Fliehen bedeutete sterben. Er würde mich erwischen, bevor ich 3 m weit kam.
Zurückschießen bedeutete vielleicht auch sterben, aber wenigstens mit einer Chance. Ich schwenkte das Gewehr schneller, als ich je gedacht hätte, mich bewegen zu können. Fand die Position, wo der Mündungsblitz gewesen war. zielte nicht auf etwas sichtbares, sondern auf eine Vermutung, eine Ahnung, ein Gefühl und drückte ab. Der Rückstoß, der Knall, die Sekunde endloser Ungewissheit.
Dann Stille, keine Bewegung, kein zweiter Schuss, nichts. Hatte ich getroffen, verfehlt. Ich wusste es nicht, durfte es nicht riskieren, nachzusehen. Also blieb ich liegen, reglos für weitere zwei Stunden, bis die Dunkelheit kam und mir erlaubte, mich zurückzuziehen. In dieser Nacht träumte ich von Hay nicht als Schatten, sondern als echten Mann. Ich sah sein Gesicht, erfunden von meinem Verstand, aber dennoch real.
Sah seine Augen, die genauso leer waren wie meine. Hörte seine Gedanken, die genauso dunkel waren wie meine. Wir waren keine Feinde, wir waren Spiegelbilder. Am nächsten Morgen brachten Sper die Nachricht, sie hatten einen amerikanischen Scharfschützen gefunden. Tot, eine einzelne Schusswunde in der Brust.
Die Identifikation Sergeant William Hay Krause schlug mir so hart auf den Rücken, dass ich fast umfiel. Du hast ihn erwischt, den verdammten Ghostkiller. Wie zum Teufel hast du das geschafft? Ich antwortete nicht, konnte nicht, denn in Wahrheit wusste ich es nicht.


Es war kein Können gewesen, keine Strategie, nur Glück oder Schicksal oder die Tatsache, dass in diesem Krieg am Ende alle verloren, egal wer den Abzug drückte. Die Nachricht verbreitete sich wie Feuer. Der deutsche Scharfschütze, der den berühmten Ha getötet hatte, die Moral unserer Truppen stieg, die der Amerikaner sank. Ich wurde zur Propaganda, zum Symbol, aber ich fühlte nichts davon. Ich fühlte nur die Last.
Sieben Männer, sieben Leben, sieben Geister, die jetzt in meinem Schatten lebten. An diesem Abend brach ich zusammen, nicht körperlich, sondern innerlich, saß im Bunker, starrte an die Wand und konnte nicht aufhören zu zittern. Schmidt setzte sich neben mich, schwieg, rauchte seine Zigarette. “Es wird nicht besser”, sagte er schließlich. “Nur schlimmer.
” “Aber du machst trotzdem weiter, weil aufhören noch schlimmer wäre.” “Warum?” flüsterte ich, weil dann hättest du Zeit zum Nachdenken und Nachdenken bringt einen um schneller als jede Kugel. Er hatte recht. Denken war der Feind. Also schaltete ich es aus, verwandelte mich komplett in das Ding, das ich geworden war.
Keine Gedanken, keine Gefühle, nur Funktion. Der nächste Tag brachte den achten. Ein junger Soldat, kaum älter als 20. Ich sah sein Gesicht durch die Optik, sah die Angst darin, die Verzweiflung. Er wollte nicht hier sein, genau wie ich nicht hier sein wollte. Aber hier waren wir trotzdem.
Der Schuss war sauber, schnell, gnädig, wenn es so etwas in diesem Wahnsinn überhaupt gab. Acht. Der Neunte kam am Nachmittag. Ein Veteran, das sah ich an der Art, wie er sich bewegte. Erfahren, vorsichtig, aber ermüdet. Der Krieg hatte ihm schon so viel genommen und jetzt nahm ich den Rest neun. Mit jedem Schuss fühlte ich, wie meine Menschlichkeit weiter wegbröckelte, wie das Ding in mir, das einmal Empathie gekannt hatte, sich in etwas mechanisches verwandelte.
Ziel erfassen, Atmung kontrollieren, abdrücken, wiederholen. Die Front war jetzt fast still auf amerikanischer Seite. Sie wagten es kaum noch, sich zu bewegen. Ihre Scharfschützen waren tot oder versteckt. Ihre Infanterie verängstigt. Ein einzelner Mann mit einem verspotteten Gewehr hatte eine ganze Frontlinie gelähmt.
Aber zu welchem Preis? In der Nacht des vierten Tages konnte ich nicht mehr schlafen. Nicht wegen der Geister, an die hatte ich mich gewöhnt, sondern wegen der Frage, was würde passieren, wenn es vorbei war, wenn die letzten zwei fielen, wenn die Zahl erreicht war? Konnte ich zurückkehren zu dem, was ich war? Oder war dieser Mensch für immer fort ersetzt durch die hohle Hülle eines Killers? Ich wusste die Antwort schon, aber ich schob sie weg, tief hinunter, wo sie mich nicht erreichen konnte. noch nicht.
Der vierte Tag brach an wie ein Urteil. Grauer Himmel, so dicht und schwer, daß er die Welt zu erdrücken schien. Nebel hing zwischen den Ruinen, verwandelte alles in Schatten und Andeutungen. Die perfekte Tarnung oder die perfekte Falle. Ich wusste nicht mehr, welche Seite der Gleichung ich war. Jäger oder Gejagter. Vielleicht beides, vielleicht keines. Ich hatte in dieser Nacht nicht geschlafen, nicht einmal versucht.
Mein Körper war längst über die Grenze der Erschöpfung hinaus, in einen Zustand, der weder wach noch träumend war. Die Realität verschwamm an den Rändern. Geräusche wurden zu leise oder zu laut, Farben pulsierten in Wellen. Ich wusste, dass ich am Ende war, aber das Ende war noch nicht erreicht. zwei. Ich brauchte noch zwei.
Du solltest pausieren, sagte Krause, als ich meine Ausrüstung nahm. Seine Stimme klang besorgt, aber auch gierig. Er wollte die Geschichte zu Ende bringen, wollte den Mythos komplettieren. In vier Tagen, das würde in die Geschichtsbücher eingehen. Nur einen Tag ruhig aus. Die Amerikaner rühren sich sowieso nicht.
“Genau deshalb muss ich jetzt gehen”, sagte ich. Meine eigene Stimme klang fremd in meinen Ohren, rau und hohl. Sie werden ihre Strategie ändern, Verstärkungen holen. Wenn ich warte, wird es schwerer. Die Wahrheit war eine andere. Wenn ich aufhörte, würde ich zusammenbrechen. Der einzige Grund, warum ich noch funktionierte, war die Bewegung, die Mission, das Ziel.
Ohne das würde der Wahnsinn mich verschlingen. Also ging ich hinaus in den Nebel, in die Stille, in das Nichts zwischen Leben und Tod. Die Welt war unwirklich geworden. Ich bewegte mich durch eine Landschaft aus Geistern. zerstörte Gebäude, die wie Skelette aufragten, Bäume ohne Blätter, die wie verzweifelte Hände in den Himmel griffen.
Jeder Schritt halte zu laut, jeder Atemzug zu schwer. Mein Verstand begann Dinge zu sehen, die nicht da waren. Bewegungen am Rand meines Blickfelds, Schatten, die sich verdichteten und wieder auflösten. Ich schüttelte den Kopf, zwang mich zur Konzentration. Noch zwei, nur noch zwei.
Ich fand eine Position in einem halb eingestürzten Kirchturm. Die Stufen nach oben waren teilweise weggebombt, aber ich schaffte es hochzuklettern, mich durch zerbrochene Balken zu zwängen. Von hier hatte ich eine Panoramasicht über das gesamte Gebiet. Wenn sich irgendwo etwas bewegte, würde ich es sehen. Stunden vergingen. Der Nebel lichtete sich nicht.
Mein Körper zitterte, aber ich wußte nicht mehr, ob vor Kälte oder Erschöpfung oder etwas anderem. Die Stimmen begannen wieder. Leise, zuerst, dann lauter. Die Stimmen der Toten. Nicht real. Konnte nicht real sein, aber sie waren da trotzdem. Warum? Was habe ich dir getan? Ich hatte eine Familie, nur Jahre alt. Ich presste die Handflächen gegen meine Ohren, aber sie verschwanden nicht.
Sie kamen von innen aus dem Teil von mir, der noch menschlich genug war, um zu leiden. Sei still, flüsterte ich in die Lehre. Einfach still sein. Aber sie waren nicht still. Sie würden nie still sein. Bewegung, echte Bewegung, keine Halluzination. Mein Training übernahm, schaltete die Stimmen aus, fokussierte meinen Blick.
Zwei Gestalten, die sich durch die Ruinen bewegten, langsam, extrem vorsichtig, nicht zusammen. Sie hielten Abstand, deckten sich gegenseitig. Ein zweier Team, aber diesmal von Profis organisiert, die letzten zwei Scharfschützen. Sie hatten ihre Lektion gelernt, keine vorhersehbaren Muster, keine offenen Bewegungen. Sie nutzten den Nebel, bewegten sich in kurzen schnellen Sprints von Deckung zu Deckung.
Gut, sehr gut, aber nicht gut genug. Ich beobachtete sie zehn Minuten lang, studierte ihre Bewegungen, suchte nach dem Rhythmus. Jeder Mensch hat einen Rhythmus, eine innere Uhr, die bestimmt, wann er sich bewegt, wann er pausiert. Diese beiden waren synchronisiert, arbeiteten wie eine Einheit. Das war ihre Stärke und ihre Schwäche.
Ich wartete auf den Moment, in dem beide in Deckung waren, ihre Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Richtungen gerichtet. Dann bewegte ich mich nicht viel, nur eine minimale Verschiebung meiner Position, genug, um im Nebel ein Geräusch zu machen, ein kurzes Rascheln. Sie reagierten sofort. Beide drehten sich in meine Richtung, Gewehre erhoben. Aber sie konnten mich nicht sehen.
Der Kirchturm war zu weit, zu gut getarnt. Sie sahen nur Schatten. Der Erste machte den Fehler. Er bewegte sich vor, versuchte eine bessere Position zu bekommen, um die Geräuschquelle zu identifizieren. 3 Sekunden, in denen er exponiert war. Ich drückte ab. Der Schuss halte durch die Stille wie ein Donnerschlag.
Durch die Optik sah ich ihn fallen, sah, wie sein Partner sofort reagierte, warf sich zur Seite, rollte hinter einen umgestürzten Balken, schnell, trainiert, überlebensinstinkt, aber ich hatte bereits nachgeladen, hatte bereits das nächste Ziel erfasst. Er machte keinen Fehler, blieb in Deckung, bewegte sich nicht, gab mir kein Ziel. Klug, aber er war jetzt allein und ich wusste, wo er war. Zeit war auf meiner Seite.
Oder war sie das? Meine Hände zitterten jetzt stärker. Meine Vision verschwamm an den Rändern. Der Körper forderte seinen Tribut. Wie lange konnte ich noch durchhalten? Eine Stunde, zwei? Und was, wenn er länger wartete als ich? Aber dann machte er seinen Zug nicht aus Ungeduld, sondern aus Strategie. Er wusste, dass Untätigkeit auch eine Form des Todes war.
Also bewegte er sich aber nicht zurück. Vorwärts, direkt auf meine Position zu. Ein aggressiver Spielzug. Er versuchte mich zu jagen, anstatt gejagt zu werden. Mutig, verzweifelt, selbstmörderisch. Ich sah ihn durch den Nebel kommen, eine Geistergestalt, die zwischen den Ruinen auftauchte und verschwand. Mein Fadenkreuz folgte ihm, aber er gab mir keinen klaren Schuss.
Zu schnell, zu unvorhersehbar. Er kam näher, hundert, sezig. Mein Herz raste. Das war zu nah. Wenn er den Kirchturm erreichte, wenn er meine Position stürmte, war ich in der Falle. Kein Fluchtweg, keine Alternative. Ich musste jetzt schießen, musste riskieren. 40 m. Er sprang über ein Stück zerbrochene Mauer.
Ein Moment, einziger Moment, in dem er in der Luft hing. Exponiert, ungeschützt. Mein Finger drückte den Abzug. Die Welt explodierte in Schmerz. Nicht meiner, seiner. Ich sah ihn fallen, sah, wie er aufschlug, sich nicht mehr bewegte, aber in demselben Moment brach etwas in mir. Nicht physisch, etwas Tieferes. Die Stimmen wurden zu einem Schrei.
Elf Stimmen, die alle gleichzeitig brüllten. Ein Chor des Todes, der meinen Verstand zerriss. Ich ließ das Gewehr fallen, presste meine Hände gegen meinen Kopf, aber es half nicht. Sie waren überall in mir, um mich herum, Teil von mir. Genug, schrie ich in die Lehre, genug. Aber es war nicht genug. Würde nie genug sein. Ich weiß nicht, wie lange ich dort blieb.
Zusammengekauert im zerstörten Kirchturm, umgeben von Geistern, die nur ich sehen konnte. Die Zeit verlor ihre Bedeutung. Vergangenheit und Gegenwart verschmolzen zu einem einzigen Moment endlosen Leidens. Als ich schließlich zurück zu den deutschen Linien kam, war es Nacht. Ich erinnerte mich nicht an den Weg, nicht an die Schritte, nur an die Gesichter der Männer, die mich sahen.
Die Mischung aus Triumph und Entsetzen in ihren Augen. Sie sahen einen Helden. Ich sah ein Monster. Rief Krause, seine Stimme voller Jubel. In vier Tagen du bist unsterblich, Bauer. Eine lebende Legende. Lebend. Das Wort war ein schlechter Witz. Ich ging an ihm vorbei, ignorierte die Glückwünsche, die Schulterklopfer, die bewundernden Blicke, ging zum Bunker, setzte mich in die dunkelste Ecke, starrte ins Nichts.
Schmidt kam nach einer Weile, setzte sich schweigend neben mich. Er versuchte nicht zu reden, bot keine Platitüden an, einfach nur Anwesenheit. Und irgendwie war das das einzige, was half. “Sie werden dich auszeichnen”, sagte er schließlich. eisernes Kreuz, vielleicht mehr. Du wirst ein Held des Reiches sein. Ich bin kein Held, flüsterte ich.
Nein, stimmte er zu. Du bist ein Überlebender und das ist schlimmer. Die Nacht brachte keine Erleichterung. Ich lag auf meiner Pritsche, Augen offen, unfähig sie zu schließen, denn jedes Mal, wenn ich es versuchte, waren sie da. Elf Gesichter, elf Männer, die ich nie gekannt hatte, nie kennen würde, aber die jetzt Teil von mir waren für immer.
Irgendwann kurz vor Morgengrauen fiel ich in etwas, das weder Schlaf noch wachsein war. Eine graue Zone, in der die Geister mich endlich in Ruhe ließen. Nicht aus Gnade, sondern aus Erschöpfung. Selbst die Toten wurden müde. Als ich aufwachte, war die Sonne hoch am Himmel. Jemand hatte meine Uniform gewaschen, mein Gewehr gereinigt. das verspottete Versandgewehr, das zur Legende geworden war.
Ich berührte es, spürte das kalte Metall unter meinen Fingern. Leben, vier Tage, eine Seele, das war der Preis, und ich würde ihn für den Rest meines Lebens bezahlen. Abschnitt 5 Die Stille danach war schlimmer als der Krieg. Sie holten mich von der Front, nicht zur Erholung, zur Präsentation.
Ich war Propaganda geworden, ein Symbol, ein Werkzeug zur Hebung der Moral. Fotografen kamen, Journalisten, Offiziere mit glänzenden Uniformen und leeren Augen. Sie wollten Geschichten hören, wollten Details, wollten den Mythos füttern. “Erzählen Sie uns vom ersten Kill”, forderte ein Reporter mit Notizblock und erwartungsvollem Gesicht. Ich sah ihn an und sagte nichts.
Was hätte ich sagen sollen, daß ich zusah, wie ein Mensch starb? Da ein Teil von mir mit ihm starb? Sie wollten Heldentum, Tapferkeit, Patriotismus. Sie wollten nicht die Wahrheit. Der Scharfschütze ist erschöpft, sagte Krause diplomatisch und schob mich weg von den Kameras, den Fragen, den hungrigen Blicken, aber auch er sah mich anders.
Jetzt nicht mehr mit Kameradschaft, sondern mit etwas zwischen Ehrfurcht und Unbehagen, als wäre ich etwas gefährliches, das man mit Vorsicht behandeln musste. Sie gaben mir eine Medaille. Eisernes Kreuz, erste Klasse. Der Hauptmann heftete es an meine Brust in einer Zeremonie, die sich anfühlte wie eine Beerdigung. Meine Beerdigung, die des Mannes, der ich gewesen war.
Im Namen des Führers und des Deutschen Reiches verkündete er mit lauter Stimme für außergewöhnlichen Mut und Leistung im Angesicht des Feindes. Die versammelten Soldaten applaudierten. Ich stand reglos, spürte das Gewicht des Metalls auf meiner Brust. Es fühlte sich an wie eine Markierung, ein Brandma, der Beweis meiner Sünden für alle sichtbar getragen. Nach der Zeremonie gingen die meisten feiern.
Alkohol floss, Lieder wurden gesungen, Geschichten erzählt und übertrieben. Ich saß abseits das verspottete Gewehr über meinen Knien und beobachtete die Schatten, die nur ich sehen konnte. “Du solltest dich ausruhen”, sagte Schmidt und setzte sich neben mich. Er war einer der wenigen, der noch mit mir sprach wie mit einem Menschen, nicht wie mit einem Mythos. Richtig schlafen, richtig essen.
Du siehst aus wie ein Gespenst. bin ich auch, flüsterte ich. Er schwieg eine Weile, rauchte seine Zigarette. Dann sagte er: “Was wirst du tun, wenn der Krieg vorbei ist?” Die Frage traf mich härter als erwartet. Der Krieg vorbei? Konnte so etwas überhaupt sein? Und selbst wenn, was würde dann kommen? Konnte ich zurück in die Eifel, zurück in die Wälder, als wäre nichts geschehen? Konnte ich jemals wieder ein Gewehr in die Hand nehmen, ohne die Gesichter zu sehen? Ich weiß es nicht, gab ich zu. Niemand weiß es, sagte
Schmidt. Wir sind alle verloren. Manche von uns starben nur noch nicht. Er hatte recht. Wir waren alle tot auf die eine oder andere Weise. Der Krieg hatte uns verschlungen, verdaut, ausgespuckt. Was übrig blieb, waren nur Hüllen, die Vorgaben zu leben. Die Tage verschwammen ineinander.
Sie versuchten, mich an andere Frontachte zu schicken, meine Fähigkeiten anderswo einzusetzen, aber ich weigerte mich nicht aus Prinzip, sondern aus Unfähigkeit. Ich konnte nicht mehr. Jedes Mal, wenn ich das Gewehr ansah, spürte ich das Gewicht der elf Leben darauf. Jedes Mal, wenn ich durch eine Optik blickte, sah ich nicht Ziele, sondern Menschen.
“Er ist fertig”, hörte ich einen Offizier zu Krause sagen. “Verbraucht. Schick ihn nach Hause oder in ein Lazarett. Er ist eine Legende”, antwortete Krause. “Wir können nicht.” Legenden sterben oder brechen zusammen, unterbrach der Offizier. besser er verschwindet still, bevor die Männer sehen, was wirklich von ihm übrig ist. Also verschwand ich nicht nach Hause. Das gab es nicht mehr.
Die Eifel war umkämpft, mein Dorf evakuiert oder zerstört. Ich landete in einem Lazarett im Hinterland zwischen Verwundeten, die nach ihren Müttern schrien und Sterbenden, die nach Erlösung bettelten. Die Ärzte diagnostizierten Kriegsneurose, ein sauberes Wort für eine zerbrochene Seele.
Sie gaben mir Pillen, Therapie, gute Ratschläge. Nichts half, wie sollte es auch? Man konnte nicht reparieren, was fundamental verändert worden war. In den schlaflosen Nächten schrieb ich ihre Namen auf. Die Namen der elf Männer, die ich getötet hatte. Ich kannte sie nicht, würde sie nie kennen, aber ich erfand sie trotzdem. Gab jedem ein Gesicht, eine Geschichte, eine Familie.
William Hayes kannte ich, die anderen nicht. Aber sie verdienten mehr als Nummern zu sein, mehr als anonyme Kills in einer Statistik. Nummer Michael vielleicht mit einer jungen Frau zu Hause, die auf einen Brief wartete, der nie kommen würde. Nummer 2: Thomas. Ein älterer Bruder, der seinen jüngeren Geschwistern versprochen hatte zurückzukommen. Nummer 3: Robert.
ein Träumer, der Schriftsteller werden wollte, aber stattdessen Soldat wurde. Ich erfand sie alle, gab ihnen Leben in meinem Kopf, damit sie nicht nur Schatten blieben. Es war meine Strafe, meine Buße, ihr Andenken zu bewahren, auch wenn es mich umbrachte. Monate vergingen. Der Krieg zog weiter ohne mich.
Ich hörte Gerüchte von Niederlagen, von Rückzügen, vom nahenden Ende. Das Reich brach zusammen, aber ich spürte keine Erleichterung, nur Taubheit. Eines Tages kam ein junger Soldat ins Lazarett, frisch von der Front. Er hatte von mir gehört, von der Legende des Geist scharf schützen. Seine Augen leuchteten mit Bewunderung, als er mich erkannte. In vier Tagen sagte er ehrfürchtig.
“Wie haben Sie das geschafft? Was ist Ihr Geheimnis?” Ich sah ihn lange an, diesen Jungen, der noch dachte, Krieg wäre Ruhm. Dann sagte ich leise: “Es gibt kein Geheimnis, nur einen Preis. Und der Preis bin ich.” Er verstand nicht, wie sollte er auch? Man konnte es nicht verstehen, bis man es selbst bezahlt hatte.
Als der Krieg endlich endete, kapituliert, zusammengebrochen, vernichtet, fühlte ich nichts. Die anderen jubelten oder weinten oder beteten. Ich saß nur da, das verspottete Gewehr, immer noch in meiner Nähe und starrte ins Leere. “Es ist vorbei”, sagte Schmidt, der auch ins Lazarett gekommen war. “Eine Granatsplitterwunde im Bein. Wir haben überlebt.” “Haben wir das?”, fragte ich.
Er hatte keine Antwort. Die Alliierten kamen, nahmen uns gefangen, verlegten uns in Lager. Dort erfuhr ich, was mit der amerikanischen Seite geschehen war. Die Geschichte meiner elf Kills hatte sich verbreitet, war zu einer Legende auf beiden Seiten geworden. The Ghost Sniper nannten sie mich, ein Mythos, ein Monster, ein Albtraum.
Ein amerikanischer Offizier kam, um mich zu verhören. Er legte Fotos vor mir aus. Elf Männer, meine elf. Erkennen Sie sie?”, fragte er. “Ich sah jedes Gesicht an. Manche pasßten zu den Namen, die ich erfunden hatte, andere nicht. Aber alle waren real. Alle waren tot. Alle durch meine Hand.” “Ja”, flüsterte ich.
“Sgeant William Hayes war mein Freund”, sagte der Offizier. Seine Stimme kontrolliert, aber mit unterdrückter Wut. Der beste Mann, den ich kannte. Sie haben ihn ermordet. Ermordet, getötet, in einem Krieg. Wo lag der Unterschied? Ich wußte es nicht mehr. “Es tut mir leid”, sagte ich und meinte es.
Er starrte mich an, als wollte er mehr sagen, mehr Hass ausschütten, aber dann sah er mein Gesicht, sah die Lehre darin und etwas in seinem Ausdruck änderte sich. Nicht Vergebung, aber vielleicht Verständnis. Wir waren beide Opfer desselben Wahnsinns. “Sie sollten gehängt werden,”, sagte er schließlich. Aber ich sehe, sie haben bereits ihre Strafe. Er hatte recht. Jahre vergingen.
Ich wurde entlassen, kehrte in eine Welt zurück, die fremd geworden war. Die Eifel war zerstört, neu aufgebaut, aber nicht mehr meine Heimat. Ich fand Arbeit, lebte still, sprach mit niemandem über das, was gewesen war. Das Gewehr hatte ich behalten, versteckt auf einem Dachboden, eingewickelt in alten Stoff.
Ich konnte es nicht ansehen, aber auch nicht wegwerfen. Es war Teil von mir geworden, genauso wie die Narben auf meiner Seele. Manchmal in tiefer Nacht holte ich die Liste hervor, die elf Namen halb erfunden, halb real. Und ich las sie laut vor, einer nach dem anderen, damit sie nicht vergessen wurden, damit jemand sich erinnerte, dass sie mehr gewesen waren als Ziele, mehr als Nummern. Die Leute nannten mich einen Helden in Büchern, in Dokumentationen, in Geschichten.
Der legendäre deutsche Scharfschütze, der elf amerikanische Elitejäger in vier Tagen tötete. Ein Triumph der deutschen Kampfkunst, ein Symbol des Widerstands. Sie verstanden nicht, wollten nicht verstehen. Es gab keine Helden in diesem Krieg, nur Überlebende und Tote. Und manchmal war der Unterschied kaum erkennbar. Ich bin jetzt alt. Das Gewehr verrottet auf dem Dachboden.
Meine Hände zittern. Meine Augen sind schwach. Aber die Erinnerung bleibt scharf. Schärfer als jede Optik, präziser als jeder Schuss, elf Männer, vier Tage, eine Seele. Sie machen sich über mein Versandgewehr lustig, bis ich elf amerikanische Scharfschützen in vier Tagen tötete. Das ist die Geschichte, die sie erzählen, die Legende.
Aber die Wahrheit, die Wahrheit ist, dass ich elfm, einmal mit jedem Schuss. Und der Mann, der zurückkam, war nicht derselbe, der hinausgegangen war. Die Wahrheit ist, daß das verspottete Gewehr nicht das war, was mich zu einem Killer machte. Es war der Krieg, die Angst, die Verzweiflung, die Unmenschlichkeit, die in uns allen schläft und nur darauf wartet, geweckt zu werden.
Die Wahrheit ist, dass ich immer noch dort bin, in diesem Kirchturm, in diesem Graben, in diesem Niemandsland. Ein Geist zwischen Ruinen, der auf ein Ziel wartet, das nie kommen wird. Die Wahrheit ist, dass es keine Erlösung gibt, keine Vergebung, nur die Last weiterzuleben mit dem Wissen dessen, was man getan hat.
Und wenn ich nachts liege im Dunkeln mit geschlossenen Augen, höre ich sie immer noch. Elf Stimmen, elf Fragen, eine Antwort, die ich nie geben kann. Sie nannten mich eine Legende, aber Legenden sind nur Geschichten, die wir uns erzählen, um die Wahrheit erträglich zu machen. Und die Wahrheit ist unerträglich. M.

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