EU vor der Zerreißprobe: Brüssel greift zur Erpressung, um Orbáns Veto zu brechen – Das Ende der Souveränität?
Inmitten des eskalierenden geopolitischen Konflikts zwischen der Ukraine und Russland ist die Europäische Union selbst in eine fundamentale Krise geraten. Der Auslöser ist ein Mitgliedsstaat, der auf seinem Vetorecht beharrt: Ungarn. Budapest blockiert die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und droht regelmäßig damit, Sanktionen gegen Russland zu untergraben. Doch jetzt ist die Geduld des europäischen Establishments endgültig erschöpft. Was folgt, ist nicht mehr nur ein politisches Geplänkel, sondern ein beispielloser, offen ausgetragener Machtkampf, der die Grundprinzipien der Europäischen Union zu zerreißen droht.
Die Reaktion Brüssels ist dabei von einer Kaltblütigkeit und Entschlossenheit geprägt, die weit über übliche diplomatische Maßnahmen hinausgeht. Man versucht nicht mehr, Ungarn zu überzeugen; man arbeitet aktiv daran, Ungarns Fähigkeit zum Widerspruch zu eliminieren. Die EU, einst als Konsensgemeinschaft souveräner Nationen konzipiert, bereitet aktiv die Änderung ihrer eigenen Spielregeln vor – und zwar, um einen demokratisch gewählten Mitgliedsstaat mundtot zu machen. Die Frage steht im Raum: Ist Viktor Orbán das letzte Bollwerk der nationalen Souveränität, oder ist er lediglich ein unliebsamer Störenfried, dessen Ausschaltung der EU den Weg zum Superstaat ebnen soll?
Der Angriff auf das Veto: Das Ende der Einstimmigkeit
Die wichtigste institutionelle Veränderung, die derzeit in den Korridoren Brüssels diskutiert wird, ist die Abschaffung des Prinzips der Einstimmigkeit bei Schlüsselentscheidungen. Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, arbeitet Berichten zufolge daran, den Verhandlungsrahmen mit der Ukraine so zu modifizieren, dass Entscheidungen künftig mit qualifizierter Mehrheit (QMV) getroffen werden können. Eine qualifizierte Mehrheit bedeutet, dass mindestens 15 Mitgliedstaaten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, zustimmen müssen.
Diese Initiative, die maßgeblich von Deutschland vorangetrieben wird, ist mehr als nur ein technischer Kniff. Sie stellt einen Angriff auf das Herzstück der EU als Union der Gleichen dar. Das Vetorecht war seit jeher die Schutzmauer für kleinere Nationen, ein Mechanismus gegen die „Tyrannei der Mehrheit“, durch den sie auch in entscheidenden Fragen von Krieg und Frieden nicht einfach von den großen Mitgliedern überstimmt werden konnten. Wenn dieses Prinzip fällt, dann bedeutet dies für die kleineren Staaten im Osten und Süden Europas nichts anderes als die Unterordnung unter die Präferenzen der größten Länder. Die EU versucht nicht nur, Ungarn zu umgehen, sie schreibt die Regeln der europäischen Entscheidungsfindung fundamental um, um abweichende demokratische Stimmen auszuschalten.
Ökonomische Nötigung: Karotte und Peitsche aus Brüssel
Die finanzielle Strategie Brüssels zeigt, wie verzweifelt die Lage geworden ist. Die Europäische Kommission entriegelte rund 550 Millionen Euro für Ungarn – offiziell, um Unterstützung für die Sanktionen gegen Russland zu sichern. Diese Maßnahme wird von Kritikern unverblümt als Bestechung eines Mitgliedstaates bezeichnet, um sein Vetorecht aufzugeben. Es geht um Gelder, die Ungarn rechtlich zustehen, die jedoch als Geisel gehalten wurden, bis Budapest Maßnahmen zustimmte, die es im Grunde ablehnt.
Dies ist keine Diplomatie; es ist wirtschaftliche Nötigung. Brüssel spricht von der Nutzung verfügbarer „Hebel“, doch die Euphemismen können die Realität nicht verschleiern: Dies kommt einem wirtschaftlichen Krieg gegen einen Mitgliedsstaat gleich, dessen einziges Verbrechen darin besteht, mit der geopolitischen Agenda Brüssels nicht übereinzustimmen.
Da die „Karotte“ allein nicht funktioniert, bereitet Brüssel nun die „Peitsche“ vor. Es wird offen über die Aussetzung der Stimmrechte Ungarns debattiert – ein drastischer Schritt im Rahmen des Artikel-7-Verfahrens. Eine Union, die vorgibt, die Demokratie zu verteidigen, bereitet sich darauf vor, einem demokratisch gewählten Parlament die Stimmrechte zu entziehen, weil dessen Regierung eine Politik vertritt, die von ihren Wählern unterstützt wird. Die Botschaft an alle kleineren EU-Staaten ist damit unmissverständlich: Passt euch an, oder ihr werdet zum Schweigen gebracht.
Der Diplomatische Eklat: Orban und die Souveränität der Ukraine
Die Spannungen eskalierten zusätzlich durch einen diplomatischen Konflikt mit der Ukraine. Nach ukrainischen Angaben sollen Aufklärungsdrohnen, die angeblich zu Ungarn gehörten, in den ukrainischen Luftraum eingedrungen sein. Das ungarische Verteidigungsministerium dementierte umgehend jegliche Beteiligung, doch der Schaden war angerichtet.
Der darauf folgende diplomatische Austausch war von extremer Schärfe. Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó warf dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor, er verliere den Verstand in seinem „anti-ungarischen Wahn“. Im Gegenzug bezichtigte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba Ungarn der „moralischen Degradierung“ und der Rolle eines „Kreml-Lakaien“. Dies waren Anschuldigungen der mentalen Instabilität und des Verrats zwischen Außenministern – eine Eskalation, die ihresgleichen sucht.
Viktor Orbán selbst goss weiteres Öl ins Feuer, indem er die Souveränität der Ukraine offen infragestellte und erklärte, dass es keine Rolle spiele, ob eine Drohne in das Land geflogen sei, da die Ukraine ohnehin „kein unabhängiges Land“ sei. Ein Premierminister eines NATO- und EU-Mitgliedslandes stellt damit öffentlich die staatliche Integrität einer Nation infrage, die der gesamte westliche Block vorgibt zu verteidigen.
Die Konfrontation: Nationales Interesse vs. EU-Establishment
Hinter dem diplomatischen Theater tobt ein fundamentaler Kampf. Ungarns Außenminister Szijjártó warnte offen, Brüssel ziele auf die Absetzung von Präsident Vučić in Serbien, Premierminister Orbán in Ungarn und Premierminister Fico in der Slowakei ab – drei demokratisch gewählte Führer, die sich den nationalen Interessen verpflichtet fühlen und sich den Forderungen aus Brüssel widersetzen.
Hier stellt sich die entscheidende Frage: Ist dies der Versuch der Demokratie, sich vor dem Autoritarismus zu schützen, oder ist es vielmehr ein Establishment, das seine politischen Präferenzen vor demokratischer Rechenschaftspflicht abschirmt? Orbán mag seine eigenen Fehler und autoritären Tendenzen haben, doch die Art und Weise, wie Brüssel versucht, ihn zu neutralisieren, sollte jeden beunruhigen, dem die demokratische Rechenschaftspflicht am Herzen liegt. Die immer offenkundigeren technischen Umgehungsstrategien, die Schaffung von Schattenprozessen und parallelen Strukturen – all dies dient dem Zweck, den demokratischen Widerspruch eines Mitgliedsstaates zu ignorieren. Die Regeln gelten nur so lange, wie sie den Mächtigen nicht unbequem werden.
Die Gefährliche Präzedenz: Die Erosion demokratischer Normen
Was auf dem Spiel steht, geht weit über Ungarn oder die Ukraine hinaus. Wir erleben einen fundamentalen Kampf um die Identität der Europäischen Union. Wird sie eine freiwillige Vereinigung souveräner Nationen bleiben, in der auch kleine Länder geschützt sind? Oder wird sie sich in einen Superstaat verwandeln, in dem Brüssel die Einwände von Mitgliedstaaten, die sich dem Programm widersetzen, einfach eliminieren kann?
Die Art, wie politische Macht heute agiert, wenn sie keine öffentliche Prüfung wünscht, ist erschreckend. Die Erosion demokratischer Normen erfolgt durch technische Anpassungen und juristische Spitzfindigkeiten, über die die meisten Bürger erst erfahren, wenn es zu spät ist, um Widerspruch einzulegen. Das Vorgehen gegen Orbán sendet ein gefährliches Signal an jeden kleinen Mitgliedsstaat: Konformität oder Isolation. Unterstützt unsere Agenda, oder verliert eure Stimme. Akzeptiert unsere Politik, oder seht euch wirtschaftlicher Bestrafung gegenüber. Das ist keine Union, das ist Dominanz.
Die Gefahr liegt in dem Präzedenzfall, der hier geschaffen wird. Sind diese Werkzeuge erst einmal erfolgreich gegen Ungarn eingesetzt worden, stehen sie bereit, um gegen jeden anderen Mitgliedsstaat verwendet zu werden, der es wagt, abzuweichen. Die Eliminierung demokratischer Schutzmechanismen macht niemals beim ersten Ziel Halt – sie expandiert immer weiter und höhlt das Fundament des Rechtsstaates in ganz Europa aus. Das Problem ist nicht Viktor Orbán, der ist nur ein Symptom. Das Problem ist ein EU-Establishment, das die Geduld mit der demokratischen Rechenschaftspflicht verloren hat und nationale Souveränität als lästiges Hindernis und nicht als zu respektierendes Grundprinzip betrachtet.