Warum Alfred Rosenbergs Ideologie so zerstörerisch wurde | WW2 Biografie

Am 16. Oktober 1946, kurz vor 2 Uhr morgens steht ein hagerer Mann mit eingefallenen Wangen auf dem Schafft der Nürnberger Gefängnisturnhalle. Der evangelische Gefängniskaplan hat ihn begleitet, steht betend neben ihm. Der Mann blickt ihn andruckslos. Als man ihn fragt, ob er etwas zu sagen habe, antwortet er nur ein einziges Wort. Nein.


Rund eineinhalb Minuten später ist Alfred Rosenberg tot, eine der schnellsten Hinrichtungen dieser Nacht. Er war einer der wenigen, die keine letzten Worte sprachen. Der Mann, der Millionen Seiten über Rasse, Blut und das germanische Schicksal geschrieben hatte, ging stumm in den Tod. Alfred Rosenberg wurde am 12. Januar 1893 in Reval geboren, dem heutigen Tallin in Estland.
damals Teil des russischen Zarenreichs. Seine Familie gehörte zu den balten Deutschen, einer deutschen Minderheit, die seit Jahrhunderten als kulturelle und wirtschaftliche Elite in den baltischen Provinzen lebte. Sein Vater Walter Wilhelm war ein wohlhabender Kaufmann aus Riga. Seine Mutter Elfriede stammte von einer hugenotischen Familie aus St. Petersburg ab.
Das Schicksal schlug früh zu. Seine Mutter starb nur wenige Wochen nach seiner Geburt. Als Rosenberg Jahre alt war, verlor er auch seinen Vater. Von nun an wuchs er bei zwei Tanten auf, ein verweister Junge am Rande des deutschen Kulturraums. Diese Herkunft prägte ihn tief. Historiker sprechen von einem typischen Deutschtskomplex der Auslandsdeutschen, einem idealisierten übersteigerten Nationalismus, der oft extremer war als alles, was man in Deutschland selbst fand.
Der junge Rosenberg musste sein Deutschtum beweisen, immer wieder ein Leben lang. Er besuchte die Petri Realschule in Reval. Später studierte er ab 1910 Architektur am Poltechnikum in Riger. Er wurde Mitglied der baltendeutschen Studentenverbindung Rubonia. Als 1915 die Deutsche Armee auf Riger vorrückte, wurde die Hochschule nach Moskau evakuiert.
Dort erlebte Rosenberg im Oktober 1917 die bolschewistische Revolution. Ein Trauma, das seine gesamte Weltsicht formen sollte. Rosenberg behauptete später, in Moskau sei ein Unbekannter in sein Zimmer getreten, habe wortlos ein Exemplar der Protokolle der Weisen von Zion auf seinen Tisch gelegt und sei wieder verschwunden.
Er nannte es ein Zeichen des Himmels. Diese antisemitische Fälschung, die eine jüdische Weltverschwörung behauptete, wurde für ihn zur Offenbarung. In den chaotischen Straßen des revolutionären Moskau glaubte er die Bestätigung zu sehen. Juden steckten hinter dem Bolschewismus, hinter dem Zusammenbruch aller Ordnung.
Eine seiner frühen antisemitischen Reden soll er bereits im Jahr 1918 gehalten haben, doch das genaue Datum ist nicht gesichert. Ein ideologischer Fanatiker war geboren. Mit den zurückweichenden deutschen Truppen floh Rosenberg nach München, dem Sammelbecken weißrussischer Emmigranten und völkischer Nationalisten. Dort knüpfte er Kontakte zur Tule Gesellschaft, einer antisemitischen Geheimgesellschaft.
Eine ehemalige Kollegin vermittelte ihm den Kontakt zu Dietrich Eckart, einem Dichter, Morphinisten und glühenden Antisemiten, der die Zeitschrift auf gut Deutsch herausgab. Eckard nannte Rosenberg seinen Mitstreiter gegen Jerusalem und es war Eckard, der Rosenberg einem aufstrebenden österreichischen Agitator vorstellte, Adolf Hitler.
Im Januar 191 trat Rosenberg der deutschen Arbeiterpartei bei, dem Vorläufer der NSDAP, einige Monate bevor Hitler sich der Partei anschloss. Hitler war fasziniert von dem scheinbar gelehrten jungen Mann mit seinem enormen Fundus an Wissen. Dabei stammte Rosenbergs Bildung größtenteils aus der Traktatliteratur des pathologischen Nationalismus, wie der Historiker Robert Wistrich schrieb.
Rosenberg brachte Hitler die Rassentheorien Houston Stewart Chamberlains nahe und formte dessen Vorstellungen vom jüdischen Bolschewismus. Ab 1923 wurde er Chefredakteur des völkischen Beobachters der Parteizitung der NSDAP. Am ne November 1923 marschierte er neben Hitler zur Feldherrenhalle beim gescheiterten Putschversuch. Als Hitler nach dem Putsch im Gefängnis saß, ernannte er Rosenberg zum Stellvertreter, nicht trotz, sondern wegen seiner Schwäche.
Hitler wusste, dass der introvertierte, humorlose Baltendeutsche keine Gefahr darstellte, keine eigene Machtbasis aufbauen würde. Rosenberg gründete zwar die großdeutsche Volksgemeinschaft als Ersatzorganisation, doch bis Juli 19 war seine Führungsrolle bereits wieder beendet. Er hatte weder das Charisma noch das Geschick für politische Intrigen. Seine Stärke lag anderswo.
Im geschriebenen Wort. 1930 erschien der Mythos des 20. Jahrhunderts Rosenbergs Hauptwerk eine über 700seitige Abhandlung über Rassentheorie und germanische Mystik. Das Buch propagierte einen neuen Glauben auf Basis des Blutmythos. leitete alle wertvollen Kulturen von germanischen Völkern ab und attackierte das Christentum als orientalische Religion des Mitleids.
Juden wurden als biologische und spirituelle Gegenrasse dargestellt. Bis Kriegsende verkaufte es sich über eine Million Mal, wurde nach Hitlers Mein Kampf zum zweitwichtigsten Werk der NSIologie. Der Vatikan setzte es am 7. Februar 1934 auf den Index verbotener Bücher. Der Philosoph Oswald Spengler urteilte vernichtend ein Buch, an dem nichts stimmt, außer den Seitenzahlen.
Selbst innerhalb der NSDAP fanden viele das Werk unlesbar. Hitler nannte es privat eine unverbindliche Privatarbeit und distanzierte sich aus politischen Gründen von den antichristlichen Passagen. Doch für Rosenberg war es Lebenswerk und Vermächtnis. Er sah sich als Hüter der nationalsozialistischen Weltanschauung, als Philosophung.
Seine Kollegen sahen einen pedantischen Außenseiter mit unerträglicher intellektueller Arroganz. Nach der Machttergreifung häufte Rosenberg Titel und Ämter. Im April 1933 wurde er Leiter des außenpolitischen Amtes der NSDAP. Am 2. Juni 1933 Reichsleiter, der zweithöchste politische Rang in der Partei.


Im Januar 1934 ernannte ihn Hitler zum Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP. Doch wahre Macht blieb ihm verwehrt. Göbbels kontrollierte die Kultur, Ribbentropf die Außenpolitik, Himmler den Terror. Rosenberg wurde bei fast jedem Machtkampf ausmanövriert.
Im Oktober gründete Rosenberg den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg kurz EAR, was als Beschlagnahmung jüdischer Bücher und Archive begann, wurde zur größten organisierten Kunstrauboperation der Geschichte. Über 21 000 Kunstwerke wurden allein in Westeuropa geraubt aus mehr als 200 jüdischen Privatsammlungen.
Die Möbelaktion plünderte nahezu 70.000 jüdische Wohnungen, viele davon in Paris. Bis Kriegsende transportierte der errtausende Eisenbahnwagons voller Kunstwerke und Kulturgüter. Hermann Göring wählte persönlich mehrere hundert Stücke für seine eigene Sammlung aus. Rosenberg lieferte den institutionellen Rahmen für diesen systematischen Raub. Dann kam der 17.
Juli 1941. Hitler ernannte Rosenberg zum Reichsminister für die besetzten Ostgebiete. Es war die Position, auf die er sein ganzes Leben hingearbeitet hatte und sie machte ihn zu einem der größten Massenmörder der Geschichte. Sein Ministerium verwaltete das Reichskommissariat Ostland mit den baltischen Staaten und Weißrussland sowie das Reichskommissariat Ukraine.
Zusammen ein Gebiet von weit über eineinhalb Millionen Quadratkilometern. bewohnt von Millionen Menschen, die nun seinem Schicksal ausgeliefert waren. Schon kurz vor dem Angriff auf die Sowjetunion erklärte Rosenberg: “Er sehe keine Verpflichtung, die russische Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen.
” Und im Herbst 1941 äußerte er gegenüber Journalisten Aussagen, in denen er die Vernichtung der Juden als biologische Lösung oder biologische Ausmerzung beschrieb. Formulierungen, die in Berichten überliefert sind, jedoch nicht als wörtliche stenografierte Zitate. Es war dennoch eine unmißverständliche Billig des kommenden Völkermordes.
Rosenbergs Ministerium war die einzige Regierungsbehörde, die zwei Vertreter zur Wanse Konferenz am 20. Januar 1942 entsandte. Staatssekretär Alfred Meier und Georg Leibbrand. Die Konferenz koordinierte die Endlösung der Judenfrage, die systematische Ermordung aller europäischen Juden. Rosenbergs Ministerium lieferte die Richtlinien, wer in den besetzten Ostgebieten als Jude zu gelten hatte.
Die Zahlen sind erschütternd. In der Ukraine wurden schätzungsweise eineinhalb Millionen Juden ermordet. Der überwiegende Teil durch Massenerschießungen, den Holocaust durch Kugeln. Allein beim Massaker von Babinjahr Ende September 1941 wurden über Menschen innerhalb zweier Tage erschossen. Auch in anderen Städten wie Denipropetrowsk oder Charkov kam es zu Massenmorden mit jeweils ztausenden Opfern.
In den baltischen Staaten wurden bis Ende 1941 über eine halbe Million Juden vernichtet. Estland wurde als erstes deutsch besetztes Gebiet judenfrei erklärt, ein Triumph der Vernichtung. Rosenberg unterzeichnete auch den Befehl zur Heuaktion im Juni 1944. Die Verschleppung von rund 30.000 Kindern im Alter von etwa 10 bis 14 Jahren zur Zwangsarbeit ins Reich.
Er ordnete an, daß alle Männer bis etwa und Frauen von Mitte der Teenagerjahre bis ins mittlere Erwachsenenalter zur Zwangsarbeit verpflichtet sein. Im August 1942 genehmigte er gemeinsam mit Saukel den Einsatz von Gewalt bei der Rekrutierung. Über 2 Millionen Ukrainer wurden zur Sklavenarbeit nach Deutschland deportiert.
Die Nahrungsrationen in den besetzten Gebieten wurden unter das Existenzminimum gesenkt, bewusstes verhungern lassen. Dabei war Rosenberg in den internen Machtkämpfen fast machtlos. Hitler hatte bewusst Erich Koch als Reichskommissar der Ukraine eingesetzt, einen brutalen Pragmatiker, dessen Politik Rosenberg ablehnte. Kochsmaxime, die Slaven sollen für uns arbeiten.
Soweit wir sie nicht brauchen, können sie sterben. Himlers S.S operierte weitgehend unabhängig. Bormann blockierte Rosenbergs Zugang zu Hitler, doch all das entlastete ihn nicht. Er hatte die ideologischen Grundlagen gelegt, die Strukturen geschaffen, die Befehle unterzeichnet. Er war kein unwissendes Werkzeug, sondern ein überzeugter Täter.
Als die rote Armee vorrückte, zog sich Rosenberg mit den Resten der Reichsregierung nach Norden zurück. Am 3. Mai 1945 erreichte er Flensburg nahe der dänischen Grenze. Am 6. Mai 1945 gegen späten Nachmittag entließ Großadmiral Dönitz sowohl Himmler als auch Rosenberg aus allen Ämtern. Sie hatten versucht, sich an der Arbeit der geschäftsführenden Reichsregierung zu beteiligen, heißt es in den Akten.
Rosenberg war bedeutungslos geworden. Am 18. Mai 1945 verhafteten britische Truppen Alfred Rosenberg im Lazaret der Marineschule Mywig. Viele Kisten mit seinen Akten wurden im Keller eines Schlosses gefunden. Sein privates Tagebuch von 1934 bis44, bestehend aus mehreren hundertlosen Blättern wurde im August 1945 beschlagnahmt.
Vor dem internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg erschien Rosenberg als gebrochene erbärmliche Figur. Er gab anderen die Schuld: Himmler, Bormann, Koch. Er behauptete, gelegentlich gegen Greultaten protestiert zu haben, nicht aus humanitären Gründen, sondern aus politischer Zweckmäßigkeit, selbst als man ihm die Dokumente über die Verschleppung von Kindern vorhielt, wieer aus versuchte abzulenken.
Der amische Gefängnispsychologe Gustav Gilbert bat alle Angeklagten seine Kopie der Anklageschrift zu unterschreiben und ihre Meinung zu notieren. Rosenberg schrieb: “Die Juden waren schuld.” Am 1. Oktober 1946 verkündete das Tribunal sein Urteil schuldig in allen vier Anklagepunkten. Verschwörung gegen den Frieden, Planung und Führung von Angriffskriegen, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Lord Justice Jeffrey Lawrence sprach das Todesurteil. Der internationale Militärgerichtshof verurteilt sie zum Tod durch den Strang. Rosenberg zeigte keine Regung, drehte sich um und verließ den Gerichtssaal. In der Nacht zum 16. Oktober 1946 wurden zehn Verurteilte in der Turnhalle des Nürnberger Gefängnisses gehängt. Rosenberg war der vierte in der Reihe nach Rippentrop, Keitel und kalten Brunner.
Master Sergeant John Sea Woods aus Texas mit anderthalb Jahrzehnten Erfahrung und mehreren hundert Hinrichtungen vollstreckte die Urteile. Der Augenzeuge Kingsberurry Smith beschrieb Rosenberg als stumpf und mit eingesunkenen Wangen. Er ging mit festem Schritt zum Galgen. Als man ihn nach letzten Worten fragte, sagte er nur: “Nein.
” Rund eineinhalb Minuten später war er tot. Um kurz vor 2 Uhr morgens wurde sein Tod festgestellt, eine der schnellsten Hinrichtungen dieser Nacht. Die Leichen wurden im städtischen Krematorium am Münchner Ostfriedhof eingeächert. Die Asche wurde in der ISA verstreut, um jeden Gedenkort zu verhindern. Alfred Rosenberg, der Chefideologe des Nationalsozialismus, der Philosoph des Rassenwarns, der Reichsminister über Territorien des Massenmordes, verschwand spurlos.
Er hinterließ keine letzten Worte, keine Reue, keine Einsicht. Man könnte fragen, was in diesem Mann vorging, der so viel schrieb und doch so stumm starb. War es Verachtung für seine Richter, Lehre, die Erkenntnis, dass alle seine Worte zu nichts geführt hatten als zu Asche seiner eigenen und der von Millionen anderen? Die Psychologen in Nürnberg beschrieben ihn als intellektuell arrogant, aber charakterlich schwach.
Ein Mann, der sein ganzes Leben nach Bedeutung suchte und sie in einem mörderischen WN fand. Ein Bürokrat des Bösen, der sich für einen Philosophen hielt. Alfred Rosenberg steht für die Banalität und zugleich die Monstrosität des Bösen. Er war kein charismatischer Führer, kein sadistischer Henker.
Er war ein Ideologe, der mit der Feder tötete, ein Verwalter, der mit seiner Unterschrift Millionen dem Tod überantwortete. Sein Schweigen auf dem Schafft war vielleicht das Ehrlichste, was er je zum Ausdruck brachte. Am Ende gab es nichts mehr zu sagen. Wenn dir diese Biographie gefallen hat, unterstütze den Kanal mit einem Like, abonniere für weitere Biografien aus dem Zweiten Weltkrieg und schreib in die Kommentare, wessen persönliche Geschichte als nächstes erzählt werden soll. M.

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