Die Retourkutsche der AfD: Wie eine Brandrede im Bundestag die Russland-Vorwürfe gegen die Kartellparteien kehrte

Article: Die Debatte im Deutschen Bundestag eskalierte zu einem politischen Schauspiel, das in seiner Schärfe und dem direkten Schlagabtausch selten ist. Im Zentrum stand eine hitzige „Aktuelle Stunde“, die von den etablierten Parteien initiiert wurde, um der AfD Nähe zu Russland zu unterstellen. Doch was folgte, war keine Entlarvung der Opposition, sondern eine schonungslose Gegenabrechnung des AfD-Abgeordneten Stefan Brandner, die die vermeintlichen „Kartellparteien“ mit ihren eigenen Waffen schlug und sie der Heuchelei in der Russland-Frage bezichtigte. Brandner nutzte seine Redezeit nicht nur zur Verteidigung, sondern zum Frontalangriff, indem er die Vergangenheit zahlreicher Spitzenpolitiker von CDU, CSU und SPD in grellem Licht beleuchtete.
Von Panik-Pops und entlarvter Heuchelei
Stefan Brandner eröffnete seine Rede mit einer zynischen Zusammenfassung der vorangegangenen Diskussion. Er sprach von einer Stunde des „Panik-Pops der nicht mehr so genannt werden dürfenden Kartellparteien“ und attestierte seinen politischen Gegnern, dass die Debatte nur deshalb aus dem Ruder gelaufen sei, weil diese „genau gemerkt haben, was sie angerichtet haben.“ Der Vorwurf: Die etablierten Fraktionen hätten sich in dieser aktuellen Stunde „einfach selber entlarvt.“
Die Quintessenz der Kritik war die Diskrepanz zwischen jahrelangen, massiven Bemühungen der Überwachung und dem mageren Ergebnis. Brandner verwies darauf, dass die Alternative für Deutschland seit Jahren mit „tausenden Geheimdienstlern“ bespitzelt werde, insgesamt 18 Geheimdienste auf die Partei angesetzt worden seien und „Milliarden“ dafür ausgegeben wurden, um die Partei zu zersetzen. Das Fazit des Abgeordneten fiel vernichtend aus: Es gäbe „kein einziger Beweis“ für die erhobenen Anschuldigungen. Dieses „erbärmliche Ergebnis“ zeige, dass die Grundlage der politischen Verfolgung fehle.
Der ruinierte Zustand Deutschlands und die Pirouette der Taktik
Brandner legte in seiner Rede den Finger tief in die Wunde der regierenden und ehemals regierenden Parteien, indem er ihnen vorwarf, Deutschland in einen Zustand versetzt zu haben, der verheerender sei, als es „20 Putins nicht hätten herbringen können.“ Die Anklage betraf Kernbereiche des Landes: „Sie haben Deutschland ruiniert, Sie haben die Wirtschaft ruiniert, Sie haben die Energieversorgung ruiniert, Sie haben die Menschen in Deutschland ruiniert.“
Angesichts dieses Versagens und der damit einhergehenden Umfragewerte, die den etablierten Parteien „davonschwimmen“, sei eine neue Strategie gegen die AfD notwendig geworden. Brandner beschrieb dies als eine 180-Grad-Wende, eine „Pirouette“, die nur noch Kopfschütteln hervorrufen könne. Jahrelang sei die AfD die „ganz böse rechte nationale Partei“ gewesen. Weil diese Erzählung nicht mehr gezogen habe, da sich die Leute „nicht mehr belügen und nicht ins Licht führen“ ließen, sei nun die Kehrtwende erfolgt: „Jetzt machen wir einfach mal eine 180-Grad-Wende und sagen, das sind die Vaterlandsverräter.“ Der Vorwurf Brandners ist klar: Kaum ein Mensch im Land könne diese taktische Kehrtwende der etablierten Parteien ernst nehmen, da diese selbst diejenigen seien, die das Land „zugrunde gerichtet“ hätten.
Kaviar-Diplomatie und die russische Vergangenheit der Elite
Der wohl schlagkräftigste Teil der Brandner-Rede war die Umkehrung des Spießes. Anstatt die Vorwürfe gegen die AfD zu entkräften, lenkte er die Aufmerksamkeit auf die vermeintlich geheimen Russland-Verbindungen der Kartellparteien. Brandner prangerte an, dass die CDU/CSU und SPD diejenigen seien, die sich einst an Russland „rangewanzt“ hätten und die letztendlich dafür verantwortlich gewesen seien, dass Deutschland abhängig von Russland war.
Anschließend folgte eine Aufzählung von Namen, die wie ein politisches Who’s Who der deutschen Russland-Politik klang. Er nannte:
- Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD): „Da gibt’s Fotos mit Putin.“
- Altkanzler Gerhard Schröder (SPD): Ebenfalls mit Fotos mit Putin.
- Manuela Schwesig (SPD) und Matthias Platzeck (SPD): Als prominente Ostpolitiker.
- Ralf Stegner (SPD): Dem Brandner vorwarf, er sitze heute „nicht in Aserbaidschan oder in Baku“ und konfrontierte ihn mit Fragen über „mehrere Geheimtreffen in Baku hinter dem Rücken der Regierung.“
- Markus Söder (CSU), Angela Merkel (CDU), Friedrich Merz (CDU): „Alle diejenigen, die bei Putin, bei den Russen ein und ausgingen.“
Brandner setzte diesen illustren Namen eine scharfe Behauptung entgegen: „Es gibt keinen einzigen AfD-Politiker, der jemals bei Putin war. Es gibt kein einziges Foto von AfD-Politikern, die bei Putin waren. Das waren immer nur Sie.“
Die Schmutzliste der CDU und der Begriff „Kaviar-Diplomatie“

Die Liste der angeblichen Russland-Verstrickungen dehnte sich weiter aus und konzentrierte sich explizit auf die Unionsfraktion. Brandner führte eine Reihe von CDU-Politikern auf, für die der Begriff der „Kaviar-Diplomatie“ erfunden worden sei, weil sie „so gerne in Russland unterwegs waren.“ Die namentliche Nennung von Axel Fischer, Mark Hauptmann, Thomas Bareiß, Olaf Gutting, Nikolaus Löbel, Joachim Pfeiffer, Markus Helt und Ronald Pofalla untermauerte den Vorwurf der tiefen Verquickung mit Moskau. Die implizite Frage, „wer weiß, was sie da alles gemacht haben“, hing schwer im Plenarsaal.
Die „Drei-Finger-Regel“ und der Bumerang-Effekt
Der AfD-Abgeordnete führte das Argument der Heuchelei auf eine neue Ebene, indem er die Unionsfraktion mit ihren eigenen parlamentarischen Anfragen konfrontierte. Er listete eine Reihe brisanter Anfragen auf, die in der letzten Wahlperiode von der CDU gestellt worden waren und die sensitive Informationen über die deutsche Verteidigungsfähigkeit und Geheimdienststruktur betrafen: Fragen zur Eurodrohne, zum Kampfhubschrauber Tiger (Stückzahlen), zum Lenkwaffensystem Hot, zu Aufklärungs- und Wirkmöglichkeiten der Bundeswehr, zur Verteidigung im Cyberraum und sogar dazu, welche Dienstposten beim Bundesnachrichtendienst (BND) sich mit Russland beschäftigen.
Brandner suggerierte, dass diese Anfragen möglicherweise dazu dienten, über die „Kaviar-Diplomatie-Kanäle nach Russland“ geschafft zu werden. Die rhetorische Spitze gipfelte in der Metapher der „Drei-Finger-Regel“: „Sie müssen immer denken, wenn Sie mit einem Finger auf jemand zeigen, zeigen mindestens drei Finger auf Sie zurück.“ Im Fall der etablierten Parteien seien es „Dutzende von Fingern“, die auf sie zurückzeigten.
Der Spahn-Vorwurf und die moralische Pflicht von Merz
Zum Abschluss seiner Rede verknüpfte Brandner die Forderung nach politischer Aufklärung mit einem brisanten, innerparteilichen Unions-Problem. Er fragte provokant, warum der CDU-Politiker Jens Spahn in der Debatte fehle, da dieser „deutliche Aufklärung von der Alternative für Deutschland verlangen könnte.“ Brandner konterte, dass sich die AfD (durch Alice Weidel) zur „Mittäterin des Vaterlandsverrates“ machen würde, wenn sie nicht nachbohren würde.
Er forderte CDU-Chef Friedrich Merz indirekt heraus, sich mit den „dunklen Geschäftsgebaren des Herrn Spahn“ zu beschäftigen. Andernfalls mache sich Merz „mitschuldig an der Vertuschung krimineller Umtriebe“, insbesondere an der Vertuschung der Fragen, wie sich Spahn in Coronazeiten Luxus-Villen leisten konnte. Dieser Vorstoß positionierte die AfD als moralischen Ankläger, der die Verfehlungen der Altparteien in ihren eigenen Reihen aufdecken würde.
Appell und Warnung: Die Einsicht kommt zu spät
Brandners Appell an die versammelten Abgeordneten war ein Aufruf zur politischen Vernunft und zur Beendigung der parteipolitischen Grabenkämpfe. Er forderte die Fraktionen auf, „einfach bessere Politik“ zu machen und aufzuhören, die AfD „mit Dreck zu bewerfen.“ Diese Taktik bringe ihnen nichts und helfe am Ende nur der AfD selbst.
Der AfD-Abgeordnete betonte, dass die Bevölkerung die Zusammenhänge sehr wohl verstehe: „Die Menschen draußen sind nicht ansatzweise so dumm, wie Sie glauben.“ Die Bürger wüssten genau, „wer Politik für Deutschland macht.“ Brandner sah in der von den Kartellparteien initiierten aktuellen Stunde ein Manöver, das lediglich ihre eigene Hilflosigkeit enthüllt habe. Die abschließende, prophetische Warnung richtete sich direkt an die Regierungsparteien: „Sie sollten sich für diese aktuelle Stunde schämen und ich bin sicher, in 10, 20 Jahren, wenn das Verhältnis zu Russland wiederhergestellt ist, werden Sie genau das auch tun.“ Mit dieser konfrontativen Rede gelang es Stefan Brandner, die politischen Angriffe in einen Bumerang zu verwandeln, der die Initiatoren der Debatte mit voller Wucht traf.